Große Teile Niedersachsens standen zum Jahreswechsel wochenlang unter Wasser – wegen des Klimawandels wohl nicht zum letzten Mal. Wie gehen Städte und Gemeinden damit um?
Berichte überfluteter Straßen und Dörfer sind in Niedersachsen zuletzt keine Seltenheit gewesen. Und schon lange warnen Fachleute, dass Wetterextreme wie Starkregenereignisse durch den Klimawandel zunehmen. Wie bereiten sich also Städte und Gemeinden in Niedersachsen darauf vor, Menschen und Gebäude zu schützen? Eine stichprobenartige Umfrage der Deutschen Presse-Agentur zeigt: Es braucht viele kleine Maßnahmen – und Geld dafür.
Wichtig sei, dass für eine wirksame Vorsorge Verwaltung, Wirtschaft sowie Bürgerinnen und Bürger zusammenarbeiteten, heißt es von der Stadt Bad Salzdetfurth bei Hildesheim. Sie nahm Anfang 2020 an einem dreijährigen Pilotprojekt des Umweltverbandes UAN zur Starkregenvorsorge teil.
„Bessere Ableitung von Wasser auf öffentlichen Flächen ist Aufgabe der Stadt, zur Reduzierung von zulaufendem Wasser aus Ackerflächen – häufig mit hoher Schmutzlast – muss die Landwirtschaft beitragen, der Objektschutz ist die Sache des jeweiligen Eigentümers“, sagte Bürgermeister Björn Gryschka (parteilos) zusammenfassend.
Starkregen-Testkommune: Viele Lösungen sind günstig
Eine wichtige Erkenntnis des Projektes sei, dass viele Schutzmaßnahmen vergleichsweise günstig und ohne viel Mühe umgesetzt werden könnten. Zur Verbesserung der Situation an einer oft von Starkregen belasteten Straße habe bereits der Einbau einer Querrinne geholfen. Teil des Pilotprojektes war demnach auch die Entwicklung einer Gefahrenkarte. Die Erkenntnisse flossen auch in einen Leitfaden des Landes Niedersachsen ein.
Der ebenfalls im Pilotprojekt beteiligte Flecken Steyerberg bei Nienburg (Weser) hat seine Ausgangslage laut Bürgermeister Marcus Meyer (parteilos) deutlich verbessert. Mit Geländedaten sei der Wasserfluss für verschiedene Starkregenereignisse simuliert worden. Daraus habe sich eine Gefahrenkarte ergeben.
So wisse man jetzt, welche Orte geschützt werden müssten, etwa mit Schutzmauern oder Änderungen an Gräben. Der Flecken beschloss zudem, Grundstückseigentümern in Gefahrenbereichen eine kostenfreie Expertenberatung anzubieten.
Land hilft Kommunen mit Leitfaden
Für das gesamte Bundesland Niedersachsen veröffentlichte die Landesregierung kürzlich einen Leitfaden zum Schutz vor Schäden bei Starkregen, unter anderem auf Grundlage des Pilotprojektes. Damit sollen Kommunen eigene Schutzkonzepte entwickeln. Städte und Gemeinden mit derartigen Konzepten dürfen zudem Zuschüsse vom Land beantragen.
Am 1. Juli trat auch das bundesweite Klimaanpassungsgesetz in Kraft. Es verpflichtet die Länder und den Bund dazu, Klimaanpassungsstrategien zu erarbeiten und umzusetzen. Dabei geht es vor allem um Maßnahmen zur Vorbeugung und Abmilderung von Schäden, die durch Wetterextreme verursacht werden. Laut Bundesumweltministerium besteht in dem Bereich bis 2030 ein Finanzbedarf von 38 Milliarden Euro.
Die Stadt Meppen im Emsland – zum Jahreswechsel wochenlang vom sogenannten Weihnachtshochwasser betroffen – wolle die für sie relevanten Aspekte des Leitfadens berücksichtigen, sagte Bürgermeister Helmut Knurbein (parteilos). Generell habe es in der Stadt in der jüngeren Vergangenheit bereits Verbesserungen wie den Bau eines Regenrückhaltebeckens in einem hochwassergefährdeten Industriegebiet gegeben. Ein Schöpfwerk zur Oberflächenentwässerung nahe der Rettungsleitstelle kann nun auch mit Notstromaggregaten betrieben werden.
Derzeit plant die Stadt, Kanalrohre zu weiten, untersucht mögliche Verbesserungen an den Flussdeichen und arbeitet an einem Hochwasserrahmenplan. Darüber hinaus fördert Meppen die Neuanschaffung von privaten Regenwasserzisternen. Wegen der zu erwartenden hohen Kosten wünscht sich Knurbein viele Fördermöglichkeiten für Kommunen.
Oldenburg fördert private Vorkehrungen
Das ebenfalls vom Hochwasser betroffene Oldenburg unterstützt auch private Vorhaben wie Gebäudebegrünungen oder Flächenentsiegelungen, die dabei helfen, Wasser aufzufangen, wie die Verwaltung mitteilte. Zudem will die Stadt in den kommenden zwei Jahren ein Klimaanpassungskonzept entwickeln, das besonders den Starkregen- und Hochwasserschutz berücksichtigen soll. Der Bau von Schutzmauern oder Verbesserungen beim Umgang mit Regenrückhalteanlagen sind demnach ebenfalls geplant.
Wünschenswert wäre dafür aus Sicht der Stadt Oldenburg, dass Klimaanpassung als Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz verankert wird. Unter anderem der Städte- und Gemeindebund fordert das ebenfalls. „Auf diese Weise kann der Bund gemeinsam mit den Ländern dauerhaft und planbar die Finanzierung dieser Maßnahmen mittragen“, sagte ein Sprecher. Kommunen seien dann nicht auf Förderprogramme für die Finanzierung angewiesen. Aufwendige Antragsverfahren brauche es so auch nicht.
Städte wollen mehr Förderung
Wegen vollgelaufener Talsperren im Harz war auch Braunschweig zum Jahreswechsel von Starkregen und Hochwasser betroffen. Unter anderem, weil die Talsperren notgedrungen sehr viel Wasser abgaben, trat dort die Oker über die Ufer. Die Stadt teilte mit, dass sie bereits 2020 eine Gefahrenuntersuchung für Starkregen angestellt habe. Auf der Website der Stadt würden mögliche Gefahren erläutert und Hinweise zur Vorsorge vor und das richtige Verhalten bei Hochwasser gegeben. Die Stadt selbst nutze die Analyse zur Planung neuer Bauten.
In Goslar, durch die Lage am Harzrand anfällig für Hochwasserereignisse, sei bereits vor einiger Zeit eine Gefahrenkarte für Starkregen im Ortsteil Lochtum erstellt worden, sagte eine Sprecherin. Die solle nun auf die gesamte Kreisstadt ausgeweitet werden. Dazu brauche es allerdings erst Fördergelder.
Das an der Elbe gelegene Winsen (Luhe) befasst sich laut eigener Aussage seit einiger Zeit mit dem umfassenden Thema. So würden in den Ortsteilen die Kanalisationsnetze oder Wasserrückhalteräume überprüft. Auch Winsen setzt für eine wirksame Vorsorge auf die Zusammenarbeit von Verwaltung, Wirtschaft sowie Bürgerinnen und Bürger – und Förderprogramme.