Während mein Umfeld im Januar auf Alkohol und Fleisch verzichtet, wage ich Neues: Try January. Ein Plädoyer für Neues wagen, weniger Selbstoptimierung und mehr Selbstakzeptanz.
Die sozialen Medien quellen über vor Vorsätzen. Dry January, Veganuary, neue Sportroutinen – der Januar ist zum Monat der kollektiven Selbstoptimierung geworden. Während meine Timeline von Menschen geflutet wird, die stolz ihre veganen Mahlzeiten präsentieren oder ihre ersten erfolgreichen Tage ohne Alkohol feiern, sitze ich hier und frage mich: Muss das sein?
Laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen liegt der durchschnittliche Pro-Kopf-Konsum reinen Alkohols in Deutschland bei etwa 10 Litern pro Jahr. Das entspricht ungefähr 200 Litern Bier oder 90 Flaschen Wein. Beeindruckende Zahlen, gewiss. Aber rechtfertigt das einen kompletten Verzicht im Januar? Oder ist es vielmehr ein Zeichen dafür, dass wir das ganze Jahr über achtsamer mit unserem Konsum umgehen sollten?
Ich bin müde. Müde von 2024, müde von den Familienfesten, der Völlerei und ja, auch vom erhöhten Alkoholkonsum der Feiertage. Aber noch müder bin ich von dem ständigen Gefühl, mich optimieren zu müssen. Davon, dass jeder Genuss mit einem schlechten Gewissen einhergeht. Dass heute zwar nicht mehr von Diäten gesprochen wird, sondern von „Ernährungsumstellung“ – aber die Botschaft bleibt dieselbe: Mit uns stimmt etwas nicht, wir müssen uns verbessern. PAID Neujahrsmüdigkeit: Warum vielen gerade jetzt die Kraft ausgeht 15.50
Try January statt Dry January
Stattdessen schlage ich einen anderen Weg ein: Try January. Ein Monat, in dem wir Neues wagen, aber nicht aus Zwang, sondern aus Neugierde. In dem wir uns selbst zuhören, anstatt den Stimmen in unserer Timeline zu folgen. In dem wir essen, was uns schmeckt, uns bewegen, wenn uns danach ist, und lernen, auch mal „Nein“ zu sagen – zu unrealistischen Erwartungen, zu überzogenen Vorsätzen und zu dem ständigen Druck der Selbstoptimierung.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Bewusster zu leben, ist ein nobles Ziel. Aber muss das bedeuten, einen Monat lang komplett auf etwas zu verzichten, nur um dann im Februar wieder in alte Muster zurückzufallen? Vielleicht liegt die wahre Herausforderung nicht im radikalen Verzicht, sondern darin, nachhaltige Strukturen in unserem Leben zu schaffen. Strukturen, die uns erlauben, das ganze Jahr über achtsam mit uns umzugehen.
Während alle Welt sich vornimmt, weniger zu sein – weniger Fleisch zu essen, weniger zu trinken, weniger zu konsumieren –, nehme ich mir vor, mehr zu sein. Mehr ich selbst. Mehr im Moment. Mehr bei meiner Familie, wo das wahre Glück schlummert. Weniger getrieben von To-do-Listen und mehr geleitet von dem, was mir gut tut. Comfort Food_16,41
Seid doch einfach mal!
Vielleicht ist es an der Zeit, den Status quo nicht als etwas zu betrachten, das dringend verändert werden muss, sondern als etwas, das es wert ist, gewürdigt zu werden. Vielleicht müssen wir nicht ständig optimieren, verändern und verbessern. Vielleicht reicht es manchmal auch, einfach zu sein.
Dieser Januar wird für mich kein Monat des Verzichts sein. Es wird ein Monat des Ausprobierens, des Zuhörens und des bewussten Genießens. Denn am Ende geht es nicht darum, was wir alles weglassen, sondern darum, was wir in unser Leben einladen. Und manchmal bedeutet das eben auch, sich von der Idee zu verabschieden, dass wir ständig an uns arbeiten müssen, um gut genug zu sein.
Try January – ein Monat, in dem wir versuchen, uns selbst etwas näher zu kommen, anstatt uns weiter von uns zu entfernen. Das ist mein Vorsatz für 2025. Und wer weiß – vielleicht ist das der nachhaltigste Vorsatz von allen.
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