Viele ausgehungerte Menschen im Sudan werden Experten zufolge immer schwächer und sterben. Eine Hungersnot ist die schlimmste – und seltene – Form einer Hungerkrise. Helfer schlagen Alarm.

Im Bürgerkriegsland Sudan breitet sich eine Hungersnot aus. Wie das Welternährungsprogramm (WFP) und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) mitteilten, wiesen unabhängige Experten die Kriterien einer Hungersnot in mindestens fünf Gebieten des Landes nach. 

Betroffen sind neben dem Flüchtlingslager SamSam, in dem eine Hungersnot erstmals im August gemeldet worden war, unter anderem drei weitere Lager in Nord-Darfur. Mehr als 600.000 Menschen leiden dort an katastrophalem Hunger. 

„Diese Ergebnisse markieren eine alarmierende Eskalation des Hungers und der Mangelernährung – und das zu einer Zeit, die normalerweise Erntezeit ist, wenn die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln am höchsten sein sollte“, hieß es in der gemeinsamen Pressemitteilung der UN-Organisationen. 

Für fünf weitere Gebiete Nord-Darfurs, darunter die Stadt El Fascher, wird bis Mai 2025 mit dem Ausbruch einer Hungersnot gerechnet. In Teilen der Hauptstadt Khartum und der Stadt Al Dschasira könnte ebenfalls eine Hungersnot herrschen, die wegen fehlender aktueller Daten nicht bestätigt werden kann. 

Strenge Kriterien für Feststellung einer Hungersnot 

Eine Hungersnot ist die schlimmste – und seltene – Form der Hungerkrise. Sie entspricht der höchsten Stufe auf der Skala von eins bis fünf der sogenannten Integrated Food Security Phase Classification (IPC). Die IPC-Stufen sind eine weltweit anerkannte Methode, um den Grad der Nahrungsmittelunsicherheit zu bewerten. 

Bei Stufe fünf herrscht bei mindestens einem Fünftel aller Haushalte extremer Nahrungsmangel und es sterben täglich mindestens zwei Erwachsene oder vier Kinder pro 10.000 Menschen an akuter Unterernährung.

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung von Hunger betroffen 

Mittlerweile leben im Sudan den Angaben nach mindestens 638.000 Menschen unter Hungersnot-Bedingungen. Weitere 8,1 Millionen befinden sich demnach in einer akuten Notlage (IPC-Stufe vier). Insgesamt seien mehr als 24,6 Millionen Menschen – mehr als die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung – von akuter Nahrungsmittelunsicherheit (IPC-Stufe 3 oder höher) betroffen. 

Experte: Ausgehungerte Menschen werden immer schwächer und sterben

„Eine langwierige Hungersnot setzt sich im Sudan fest“, erklärte WFP-Experte Jean-Martin Bauer. „Die Menschen werden schwächer und schwächer und sterben, weil sie seit Monaten kaum oder keinen Zugang zu Nahrungsmitteln hatten.“ 

Der Bürgerkrieg und die damit verbundene Vertreibung der Menschen sowie der stark eingeschränkte Zugang für humanitäre Hilfe sind den Experten zufolge die Hauptursachen der sich verschärfenden Hungerkrise. 

Im Sudan im Nordosten Afrikas herrscht seit April 2023 ein blutiger Machtkampf zwischen De-facto-Machthaber Abdel Fattah al-Burhan und dessen früherem Vize Mohamed Hamdan Daglo, der sich zu einem regionalen Stellvertreterkrieg entwickelt hat. Daglos Miliz RSF, die nach Ansicht von Experten von den Vereinten Arabischen Emiraten unterstützt wird, kontrolliert den größten Teil der westlichen Provinz Darfur. Mehr als elf Millionen Menschen sind vor den landesweiten Kämpfen geflohen, etwa die Hälfte von ihnen sind Kinder und Jugendliche.