Was ist dran an einer Messer-Attacke in Tübingen? Tagelang schrieb Oberbürgermeister Boris Palmer von einer solchen auf Facebook. Nun rudert er zurück.
Vor einigen Wochen schrieb Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer über mehrere Tage auf seiner Facebookseite von einem Messerangriff in seiner Stadt und forderte hierzu Aufklärung von der Polizei. Er berief sich dabei auf Zeugen, die ihm den Vorfall geschildert hätten. In seinem jüngsten Post scheint auch für ihn jetzt klar zu sein, dass ein Messer bei dem Vorfall Mitte Oktober nicht im Spiel gewesen war. Die Polizei hatte dies schon vor Wochen betont.
Die „nun“ vorliegenden Auskünfte der Polizei belegen laut Palmer, dass nach einem Angriff in einem Bus in Tübingen niemand ein Messer gefunden habe. Es gebe keine Zeugen, die der Polizei zur Verfügung stünden und das Messer selbst gesehen hätten. „Mehrere Zeugen haben gehört, dass andere vor einem Messer gewarnt haben. Wahrscheinlich hat sich das dann verselbständigt“, schreibt Palmer.
Palmer kontra Polizei
Der einzige Zeuge, der ein Messer selbst gesehen haben wolle, stehe der Polizei nicht zur Verfügung. „Auch er kann sich natürlich in der Dramatik der Situation geirrt haben“, schreibt Palmer. Dazu postete er am Mittwoch die schriftliche, anonyme Aussage des Zeugen des Vorfalls. In dem Schriftstück steht: „Ich bin mir sicher, dass er ein Messer hatte. (….) Ohne ein Messer als Beweis möchte ich keine Aussage machen.“
Die Polizei sah sich von Anfang an von Palmer ungerecht behandelt und an den Pranger gestellt. „Durch die öffentlichen Posts könnte der Eindruck entstehen, dass hier bewusst etwas nicht berichtet worden sei. Dies trifft aber nicht zu“, sagte ein Polizeisprecher.
Mit dem Hashtag „Aufklärung nötig“ schreibt Palmer am 30. November: „Der Angriff in einem TüBus am 17. Oktober wird verschieden geschildert. Der Busfahrer und der mutige Mann, der den Afghanen auf dem Boden fixiert hatte, bis die Polizei eintraf, berichten mir übereinstimmend von einem Messer. Die Polizei berichtet hingegen, kein Beteiligter könne sich an ein Messer erinnern. Das ist ein Widerspruch, der aufgeklärt werden muss.“
Vorfall in einem Bus – Mann wurde von Zeugen überwältigt
Einen wie von Palmer genannten Messerangriff habe es in Tübingen aber nicht gegeben, hatte ein Polizeisprecher gesagt. Der Polizei sei eine Auseinandersetzung in einem Bus gemeldet worden, bei der anfangs der Verdacht bestanden habe, dass einer der Beteiligten ein Messer bei sich führen könnte. Bei dem Vorfall soll ein 25-Jähriger im Bus versucht haben, eine Frau zu schlagen.
Nachdem der 25-Jährige der Frau nach dem Verlassen des Busses gefolgt war, wurde er von Zeugen überwältigt und bis zum Eintreffen der Polizei am Boden festgehalten. Offenbar dabei erlitt der Mann leichte Verletzungen, die später in einem Krankenhaus versorgt wurden. Weitere Personen wurden nicht verletzt.
Weder bei dem 25-jährigen afghanischen Staatsangehörigen noch im Umfeld sei ein Messer gefunden werden, sagte die Polizei. Zeugen hätten übereinstimmend angegeben, kein Messer gesehen zu haben. Eine Pressemitteilung zu dem Fall gab es laut Polizei nicht, weil niemand ernsthaft verletzt worden sei.