Der Fischotter galt in Deutschland als fast ausgerottet. Seit den 90er Jahren nimmt die Population wieder zu – auch in Berlin. Leicht haben die Tiere es in der Großstadt aber nicht.

Ein kleiner brauner Haufen unter einer Brücke liefert den Beweis: Hier hat ein Fischotter sein Revier markiert. Auch ein schmaler Pfad, der sich durch das Dickicht am Uferrand der Wuhle zieht, ist sehr wahrscheinlich das Werk eines Otters. „Wir können erwarten, dass es an jedem Fließgewässer in Berlin Fischotter gibt“, sagt Marco Philippi von der Deutschen Umwelthilfe (DUH), bei einem Spaziergang entlang der Wuhle. Auch an Spree und Havel hätten die Tiere ihre Spuren hinterlassen. 

Philippi leitet das DUH-Projekt „Wohnrauminitiative für den Fischotter“, das von der Stiftung Naturschutz gefördert wird. Ziel ist es mehr über den Räuber und seinen Lebensraum zu erfahren, Gefahren auszumachen und ihn zu schützen – denn die heimische Maderart feiert in Berlin ein kleines Comback. „Die Fischotternachweise haben sich gemehrt“, sagt Stadtnatur-Rangerin Kristina Roth. Seit etwa drei Jahren nähmen die Nachweise in den innerstädtischen Bereichen zu.

Fischotter sind nachtaktiv

Nicht nur der kleine Kot-Haufen unter der Brücke ist dafür ein Beweis. Auf Nachtkameras, die die Experten angebracht haben, sind die scheuen Tiere regelmäßig zu sehen. In manchen Revieren sind demnach fast jeden Tag Tiere im Bild. In Deutschland gilt der Fischotter als gefährdet und ist streng geschützt. Fischotter sind nachtaktiv und deswegen nur schwer zu entdecken. Deshalb sei auch nicht ganz klar, ob man vorher einfach nicht genau hingeschaut habe, sagte Roth. 

 

Wie viele Tiere genau in Berlin leben, lässt sich den Experten zufolge schwer sagen. Genetische Untersuchungen hätten bislang nicht stattgefunden und auf den Kameras ließen sich die Tiere nur schwer voneinander unterscheiden. Sicher ist: Die Experten hätten nicht damit gerechnet, dass sich die Tiere überhaupt in der Hauptstadt ansiedeln. „In Berlin haben wir massive Uferbefestigungen, die für den Fischotter zum Teil nicht überwindbar sind“, sagte Philippi. Weil Fischotter im Wasser jagen, aber an Land leben und schlafen, seien unbebaute Ufer mit Büschen und Gehölz zum Schlafen und Verstecken für die Tiere essenziell. Bedingungen wie an der Wuhle, wo das Ufer zum Teil üppig bepflanzt ist, gebe es zu selten. „Es gibt wenig geeignete Rückzugsräume“, sagt Philippi.

Lebensräume in Brandenburg besetzt

Trotzdem scheinen die Tiere sich an die Verhältnisse in der Großstadt angepasst zu haben. Das liegt den Experten zufolge auch daran, dass sie keine andere Wahl haben. „Brandenburg ist flächendeckend besiedelt. Alle guten geeigneten Lebensräume sind besetzt“, erklärt Philippi. Da Otter Einzelgänger seien und in festen Revieren lebten, seien Jungtiere gezwungen, neue Territorien zu finden – zum Beispiel in Berlin, obwohl das nicht wirklich ein „Utopia“ für Otter sei, sagt der Experte. 

Das Leben in der Stadt sei für die Tiere gefährlich. „Der Verkehr ist die häufigste Todesursache für den Fischotter.“ Die Experten hätten festgestellt, dass Fischotter unter bestimmten Brücken nicht durchschwämmen, sondern an Land gingen und die Straße überquerten. Das sei vor allem bei niedrigen Brücken der Fall, die unter der Brücke am Wasserrand keine schmalen Landstreifen hätten. Warum genau, wissen Roth und Philippi nicht, haben aber beobachtet, dass die Tiere auf diesen Streifen häufig ihr Revier markieren.

Philippi zufolge sollte daher nachgerüstet und etwa kleine Schwimminseln für Otter unter Brücken angebracht werden. Außerdem sollten mehr Ufer bepflanzt und geschützte Uferbereiche und Naturschutzgebiete von Menschen respektiert werden. „Wir sollten unseren städtischen Lebensraum so gestalten, dass alle dort leben können. Nicht nur Menschen“, sagt Roth.