Bücher können berühren, bewegen, belehren und bestenfalls bedeutend im Verlauf des Lebens werden. Wir stellen solche Werke vor. Dieses Mal: „Racism Kills“ von Layal Liverpool.

Dass Rassismus lange eine unterschätzte Gefahr war, ist nichts Neues. Aber viel mehr noch: Er wird noch immer abgetan. Und weggeschoben. Dabei ist es allerhöchste Zeit, stetig aktiv dagegen anzugehen. Wie sehr Rassismus schadet, hat Layal Liverpool in einem beeindruckenden Buch beschrieben. Erstmalig in Deutschland ist in „Racism Kills“ über die Folgen rassistischer Handlungen im Gesundheitssystem zu lesen. Und ihre Berichte und Erkenntnisse sind wichtig und sollten gelesen werden, damit dieses Land aufwacht.

Denn nicht nur ganz offensichtlich rassistisch motivierte Handlungen und damit verbundene Todesfälle sollten uns aufwecken, wie damals die Tat an George Floyd und viele weitere schockierende Beispiele. Jede Handlung, der unterbewusster Rassismus zugrunde liegt, sollte uns stutzig machen und nicht ignoriert werden. Sei es, wenn es um die medizinische Behandlung von BIPoc oder wenn es um psychische Folgen nach rassistischen Handlungen geht. Und darauf weist die Autorin eindringlich und mit eindrücklichen Beispielen und Studien hin. 

Racism Kills Layal Liverpool

Dabei ist die in Berlin lebende Medizinerin im Ton sehr respektvoll, aber pointiert. „Wenn Rassismus ein Virus wäre, so denke ich oft, wären wir höchst alarmiert bei all dem unnötigen Leiden und Sterben, das es weltweit verursacht. Eilends würden wir Impfstoffe entwickeln und nach Behandlungsmöglichkeiten suchen.“ Viele Menschen sind aber nicht aktiv davon betroffen und schieben die Problematik wohl daher von sich weg. Genau das erhöht aber die Gefahr und trägt dazu bei, dass sich nichts ändert. Doch das scheint einigen Menschen egal zu sein. Eine gleichberechtigte Gesellschaft ist dadurch weit entfernt. Das sollten wir uns immer wieder vor Augen führen. Dabei ist das Buch eine große Hilfe.

Bedeutende Bücher: Darum zählt „Racism Kills“ dazu

Anhand vieler Beispiele erklärt Layal Liverpool, wie tief verwurzelt Rassismus ist und dass es bereits an vielen Stellen Handlungsbedarf gibt, der (noch) nicht gesehen oder abgetan wird. Etwa, wenn es um die Ausbildung im Medizinsystem gibt. Hautprobleme auf der Haut von BIPoC sehen beispielsweise anders aus als auf weißer Haut. Dass so etwas im Studium noch nicht gelehrt wird, ist eigentlich ein Unding. Liverpool beschreibt eigene Erfahrungen, aber auch Momente anderer Menschen, die sie für ihr Buch interviewt oder zitiert hat. 

Ein bekanntes Beispiel: Serena Williams. Als sie 2017 ihr Baby zur Welt brachte, kam es zu Komplikationen, die die frühere Weltklasse-Tennisspielerin beinahe das Leben gekostet hätten. In einem Essay, das bei „Elle“ veröffentlicht wurde, beschrieb sie die Situation. Liverpool greift das prominente Beispiel ebenfalls auf, um Aufmerksamkeit zu schaffen für die Gefahr, die bei vielen Schwarzen Frauen nicht erkannt wird. So sterben Schwarze Frauen viermal häufiger bei der Geburt als weiße Frauen.

Viele Klischees wirken sich aus und werden stetig weitergetragen, statt sie endlich zu hinterfragen. Zum Beispiel: „Schwarzen Menschen und People of Colour wird unterstellt, sie könnten mehr Schmerzen ertragen als weiße Menschen. […] Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden nicht erkannt, transgenerationale Traumata nicht ernst genommen.“ So heißt es in der Beschreibung des Buches. Die Autorin erklärt die Wurzeln dieser tödlichen Ungleichheiten und liefert gleichzeitig Ideen und Anregungen für ein gerechteres Gesundheitssystem. 

racism kills thalia

Warum das Werk von Layal Liverpool zu den bedeutenden Büchern zählt, ist selbsterklärend: Es macht deutlich, dass Rassismus einen gefährlichen, teilweise immer noch unerkannten Einfluss auf die Gesellschaft hat und noch immer geleugnet und nicht konkret angegangen wird. Wir alle sollten uns fragen, warum es noch so ist, warum Änderungen selten und oft nur vereinzelt umgesetzt werden. Was wir tun können, erklärt die Autorin auch: Wir sollten mindestens zuhören, wenn BIPoc von ihren Erfahrungen berichten. Wir sollten sie ernst nehmen. Und wir sollten aktiv Lösungen für Problematiken finden. Angefangen in der Ausbildung oder im Studium, bestenfalls bereits in der Schule. Und nicht irgendwann, sondern jetzt.

Ein erster Schritt dazu ist es, „Racism Kills“ zu lesen und zu verstehen, wie tief verankert systemischer Rassismus in unserer Gesellschaft ist. Im zweiten Schritt können wir uns selbst hinterfragen und uns mit unbewussten Handlungen und tief sitzenden Klischees beschäftigen. Bestenfalls schaffen wir es, aktiv etwas zu ändern und gegen Ungleichheiten anzugehen. Schritt für Schritt und gemeinsam. Damit systemischer Rassismus und Ungleichheit aufgebrochen wird und wir in naher Zukunft diese Krankheit gemeinsam besiegt und unnötige Tode vermieden haben. Denn das ist schließlich der Sinn des Gesundheitssystems − und die Grundlage einer gesunden Gesellschaft.

TippWeitere Buchempfehlungen aus der Redaktion finden Sie übrigens auf unserer Themenseite.

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