In Südkorea hat am Montag die fünfte und letzte Runde der Gespräche über ein internationales Abkommen zur Verringerung von Plastikmüll begonnen. Der ecuadorianische Diplomat Luis Vayas Valdivieso, der die Gespräche leitete, warnte in der Stadt Busan, dass es um „weit mehr als nur die Ausarbeitung eines internationalen Abkommens“ gehe. „Es geht darum, dass sich die Menschheit einer existenziellen Herausforderung stellt“, fuhr er mit Blick auf die Vermüllung von Ozeanen, Flüssen, Land und Luft durch Plastiküberreste fort.
Die Plastikverschmutzung ist so weit verbreitet, dass sie sogar in den Wolken, tief im Meer und in praktisch jedem Teil des menschlichen Körpers von Wissenschaftlern nachgewiesen wurde. Zwar besteht nahezu Einigkeit darüber, dass es sich um ein ernstes Problem handelt. Bei der Frage, wie dieses Problem angegangen werden soll, gehen die Meinungen jedoch weit auseinander.
Die Leiterin des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, Inger Andersen, sagte am Sonntag, es gebe echte Meinungsverschiedenheiten in mehreren Schlüsselbereichen. Alle müssten ihren Teil zu einer Lösung beitragen.
In Busan stehen sich zwei Lager gegenüber. Einige Länder wie die in der sogenannten High Ambition Coalition (HAC) zusammengeschlossenen Staaten – darunter Deutschland – fordern, dass das Abkommen den gesamten „Lebenszyklus“ von Plastik abdeckt. Das bedeutet, die Produktion zu begrenzen und Produkte für die Wiederverwertung und das Recycling neu zu gestalten. Die HAC fordert verbindliche globale Ziele zur Reduzierung der Produktion.
Auf der anderen Seite stehen Länder, hauptsächlich Ölproduzenten wie Saudi-Arabien und Russland, die wollen, dass sich ein Abkommen nur auf die Abfallwirtschaft bezieht.
Im Jahr 2022 hatte sich ein Großteil der Nationen auf der Welt verpflichtet, sich auf ein rechtlich verbindliches UN-Abkommen gegen die Plastikvermüllung von Umwelt und Meeren zu einigen. Die darauffolgenden Gesprächsrunden waren jedoch ohne durchschlagenden Erfolg geblieben. Die tiefen Meinungsverschiedenheiten hatten vier vorangegangene Gesprächsrunden in den vergangenen zwei Jahren überschattet und zu einem über 70 Seiten langen, widersprüchlichen Entwurf geführt.
Zu den umstrittensten Fragen gehört, ob das Abkommen die Plastikproduktion begrenzen soll, ob ein mögliches Verbot von Chemikalien, die für die menschliche Gesundheit als schädlich gelten, in Betracht gezogen werden soll und wie die Umsetzung finanziert werden soll.
Valdivieso hat ein alternatives Dokument erstellt, das die Ansichten der Delegationen zusammenfassen und die Verhandlungen vorantreiben soll. Der Text konzentriert sich auf Gemeinsamkeiten und lässt die umstrittensten Themen aus. Mehrere Länder, darunter Russland und Indien, äußerten Einwände gegen das Dokument.
Der Streit begann bereits zu Beginn der Gespräche: Indien, Russland und arabische Staaten forderten, dass alle Entscheidungen im Konsens und nicht durch Mehrheitsbeschluss getroffen werden sollen.
Einige Beobachter glauben, dass die Gespräche wahrscheinlich scheitern und verlängert werden – insbesondere nach den schwierigen Verhandlungen auf den UN-Konferenzen zu Klima und Biodiversität in den vergangenen Wochen.
Entscheidend werden dürften die Positionen der USA und Chinas. Beide Länder haben sich bislang nicht für eine der beiden Seiten ausgesprochen. Die Rückkehr von Donald Trump als Präsident ins Weiße Haus warf zudem Fragen auf, wie ambitioniert die US-Delegation sein wird – und ob Washington ein Abkommen überhaupt ratifizieren würde.
Im Jahr 2019 waren auf der Welt rund 460 Millionen Tonnen Plastik produziert worden. Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat sich der Wert seit dem Jahr 2000 verdoppelt. Bis 2060 wird sich die Kunststoffproduktion voraussichtlich verdreifachen.
Mehr als 90 Prozent des Plastiks werden nicht recycelt. Ein großer Teil gelangt deshalb in die Umwelt, oft bereits nach wenigen Minuten Gebrauch. Plastikmüll verschmutzt Gewässer und Land sehr lange und wird nur äußerst langsam abgebaut, teils erst nach Jahrhunderten. Kunststoff ist zudem für rund drei Prozent der globalen Emissionen verantwortlich, hauptsächlich im Zusammenhang mit der Herstellung aus fossilen Brennstoffen.