Im Streit um die Krankenhausreform hat Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) Landesgesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) entlassen. Woidke erklärte dies am Freitag im Fernsehsender Phoenix damit, dass er im Bundesrat eine Anrufung des Vermittlungsausschusses für die Krankenhausreform erreichen wollte und Nonnemacher diese Haltung seiner Regierung nicht mitgetragen habe.

„Ich kann als Ministerpräsident, auch für das öffentliche Bild des Landes Brandenburg, nicht zulassen, dass ein klares Votum, das wir auch im Land haben, eine klare Meinung, hier im Bundesrat konterkariert wird durch eine Ministerin, die mit der Wahrnehmung von Aufgaben von mir beauftragt ist“, sagte Woidke Phoenix. Ein Zustandekommen der Krankenhausreform konnte sein Schritt dennoch nicht verhindern. Wie auch von Nonnemacher befürwortet, passierte das Projekt von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Länderkammer.

Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios entließ Woidke Nonnemacher kurz vor der entscheidenden Abstimmung, mit welcher der Bundesrat letztlich grünes Licht für die Reform gab. Sie habe noch im Bundesrat ihre Entlassungsurkunde erhalten. Nach Angaben eines AFP-Reporters war Nonnemacher laut Liste für eine Rede zur Krankenhausreform vorgesehen, sie wurde dann aber übersprungen.

Die 67-Jährige war seit November 2019 Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz in Brandenburg. Bei der Landtagswahl im September verpassten die Grünen den Wiedereinzug in das Landesparlament.

Woidke verhandelt für die SPD derzeit mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) über eine Regierungsbildung. Die beiden Parteien wollen laut Medienberichten die Krankenhausstandorte in dem Bundesland erhalten. Die Reform wird aber voraussichtlich mit der Schließung zahlreicher Kliniken einhergehen.

Die Brandenburger Grünen sprachen von einer „Machtdemonstration“ Woidkes und halten die plötzliche Entlassung der Ministerin für offenkundig politisch motiviert. Die Entscheidung sei ein „neuer Tiefpunkt in der politischen Kultur des Landes Brandenburg“.

Nonnemacher hatte sich gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses im Bundesrat ausgesprochen, weil dies eine erhebliche Verzögerung der Reform bedeutet hätte. Zugleich verwies sie zuletzt am Mittwoch auf einige wichtige Verbesserungen, die in den Verhandlungen mit dem Bund durchgesetzt werden konnten.

„Woidke hat Ursula Nonnemacher eiskalt auf dem Flur des Bundesrats entlassen um sie an einer Rede zu hindern, weil sie sich schützend vor die Krankenhäuser im Land gestellt hat“, erklärte Brandenburgs Grünen-Vorsitzende Alexandra Pichl in Potdsam. „Es ist beschämend zu sehen, dass der SPD-Ministerpräsident vor nichts zurückschreckt, um seine Macht zu sichern.“

AfD-Landtagsfraktionschef Christoph Berndt erklärte, dass Woidke Nonnemacher entlassen habe, sei richtig gewesen. „Wie er es machte, nicht.“ Der Ministerpräsident hätte die Ministerin schon einen Tag früher entlassen können.

Der Bundesrat machte am Freitag trotz der breiten Kritik den Weg frei für die umstrittene Reform. Ein Antrag Bayerns auf Anrufung des Vermittlungsausschusses bekam in der Länderkammer nicht die nötige Mehrheit. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) erklärte, dies sei ein schlechter Tag für die Krankenhäuser in Deutschland. Die nächste Bundesregierung müsse wichtige Nachbesserungen in die Wege leiten.

Das Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht unter anderem eine stärkere Spezialisierung der Krankenhäuser und eine bessere Behandlungsqualität in den Kliniken vor. Lauterbach rechnet durch die Reform mit einer Reihe von Klinikschließungen. Kritik an dem Vorhaben kam vor allem von den unionsgeführten Bundesländern, die für die Anrufung des Vermittlungsausschusses votierten.

Lauterbach sagte in Berlin, Nonnenmacher habe als Gesundheitsministerin „großen Anteil“ an der Reform. „Von daher bedaure ich ihre Entlassung heute“, betonte der Bundesgesundheitsminister.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Brandenburger Landtag, Jan Redmann, sprach angesichts der Art und Weise von Nonnemachers Entlassung von einer „öffentlichen Demütigung“. „So geht man menschlich nicht miteinander um, wenn man jahrelang Verantwortung miteinander getragen hat“, erklärte er.