Trotz des Bruchs der Ampel-Koalition und viel Kritik ist der Weg für die Krankenhausreform frei. Es gibt darin auch einen Punkt, der gerade im Südwesten positiv bewertet wird.
Das grüne Licht aus dem Bundesrat für die umstrittene Krankenhausreform ist im Südwesten auf viel Kritik gestoßen. „Das Vorhaben hätte noch gerettet werden können, diese Chance ist jetzt vertan“, erklärte etwa der Präsident des Deutschen Landkreistages und Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises, Achim Brötel (CDU). Der baden-württembergische Landkreistagspräsident Joachim Walter (CDU) teilte mit: „Dass der Bundesrat davon abgesehen hat, in Sachen Krankenhausreform den Vermittlungsausschuss anzurufen, ist für die Kreiskrankenhäuser wie ein Schlag ins Genick.“
Der Vorstandsvorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), Heiner Scheffold, sprach von einem schlechten Tag für die Kliniken und die Gesundheitsversorgung im Land. „Denn die Bundesregierung unternimmt in ihrer „großen Krankenhausreform“ nichts gegen die dramatische finanzielle Situation der Kliniken.“
Neues Vergütungsmodell
Die Länderkammer hatte am Vormittag das noch von der Ampel-Koalition im Bundestag beschlossene Gesetz für eine grundlegende Neuordnung der Kliniken in Deutschland passieren lassen. Eine Anrufung des gemeinsamen Vermittlungsausschusses mit dem Bundestag fand nicht die erforderliche Mehrheit.
Im Kern soll die bisherige Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle geändert werden. Kliniken sollen 60 Prozent der Vergütung allein schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen. Das soll Anreize zu immer mehr Fällen und medizinisch teils nicht optimalen Eingriffen beseitigen. Doch Kritiker sehen viel Nachbesserungsbedarf.
Appell an neue Bundesregierung
Die Reform werde mit einem viel zu geringen Kostenausgleich für die Vergangenheit Gesetz, monierte der Deutsche Landkreistag. Daher ändere sich die prekäre Lage vieler Kliniken gerade nicht. „Jedenfalls muss es nun zu den ersten Amtshandlungen einer neuen Bundesregierung gehören, den dringend notwendigen Inflationsausgleich rückwirkend bis 2022 gesetzgeberisch auf den Weg zu bringen“, forderte Landrat Brötel.
Allein für das laufende Jahr erwarten die baden-württembergischen Kliniken ein Defizit von 900 Millionen Euro, wie BWKG-Vorstand Scheffold deutlich machte. „Man muss nüchtern feststellen: Diese Reform fügt der Krankenhausversorgung in Baden-Württemberg Schaden zu. Sie verstärkt den kalten Strukturwandel und schadet so der Versorgung der Menschen im Land.“ Die Reform ignoriere nicht nur die vorbildlichen Krankenhausstrukturen in Baden-Württemberg. „Dem Land entstehen sogar Nachteile daraus.“
„Schwarzer Tag für die Kliniken und die dort zu versorgenden Menschen“
Land und Krankenhausträger setzten sich seit Jahren für den Strukturwandel ein, erklärte Scheffold. So habe Baden-Württemberg mit 467 Betten je 100.000 Einwohner die effizienteste Krankenhausstruktur in Deutschland. Mit dem jetzigen Krankenhausgesetz werden Standortkooperationen, wie sie in Baden-Württemberg mit Erfolg umgesetzt worden sind, nach Angaben von Landkreistagspräsident Walter plötzlich nicht mehr möglich sein. „Insofern ist der heutige Tag ein schwarzer Tag für die Kliniken in Baden-Württemberg und am langen Ende auch für die dort zu versorgenden Menschen.“
Der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg, Johannes Bauernfeind, kritisierte die geplante Beteiligung der gesetzlichen Krankenkassen an der Finanzierung eines Transformationsfonds. „Es entbehrt jeder Logik, wie die Beitragszahlenden durch die dringend notwendige Strukturreform entlastet werden sollen, wenn sie gleichzeitig für die Kosten für die Transformation aufkommen sollen.“ Auch die Ausgestaltung der Vorhaltepauschalen wurde im Gesetz bislang aus Bauernfeinds Sicht nicht gut gelöst.
Positive Aspekte
Dennoch sei die Einführung von Leistungsgruppen und Vorhaltepauschalen zu begrüßen, sagte er. Dies sorge für bundesweite Standards in der Gesundheitsversorgung. Es sei ein wichtiger Schritt, dass die Reform nach über zwei Jahren in Kraft treten könne. „Der Fokus auf Qualität ist der richtige Ansatz und wird die stationäre Versorgung künftig verbessern.“
Und noch ein Aspekt sorgt im Südwesten für gute Stimmung: Dank der Reform will das Land Baden-Württemberg den geplanten Verbund der Unikliniken Mannheim und Heidelberg nun vorantreiben, um den hochdefizitären Standort Mannheim zu erhalten. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass Zusammenschlüsse von Krankenhäusern bis 2030 von einer kartellamtlichen Fusionskontrolle grundsätzlich ausgenommen sind, wie das Wissenschaftsministerium in Stuttgart betonte. „Dies ermöglicht aus unserer Sicht auch den geplanten Verbund der Universitätskliniken Heidelberg und Mannheim.“
Voraussetzung sei nun, dass das für die Krankenhausplanung zuständige Landesgesundheitsministerium den Zusammenschluss zur Verbesserung der Krankenversorgung für erforderlich hält und sich mit dem Bundeskartellamt ins Benehmen setzt. Danach könnten die Verbundpartner ein Medizinkonzept, einen Businessplan und die Verbundverträge im Detail abstimmen. Diese Vorbereitungen sollen laut dem Ministerium in der zweiten Jahreshälfte 2025 abgeschlossen werden, so dass das Kabinett noch im Laufe des Jahres die Umsetzung beschließen kann. Ein Veto des Bundeskartellamts gegen den Verbund dürfte nach Einschätzung des Ministeriums dank der Reform obsolet sein.