Die Erträge der niedersächsischen Bauern sind nach einem Ausnahmejahr wieder gesunken. Von einer Normalisierung ist die Rede. Doch die Landwirtschaftskammer treibt ganz andere Sorgen um.

Die Erträge der Landwirte in Niedersachsen sind nach dem Preisanstieg zu Beginn des Ukraine-Krieges zuletzt wieder deutlich zurückgegangen. Im zurückliegenden Wirtschaftsjahr 2023/24 erzielten die niedersächsischen Höfe im Schnitt rund 100.000 Euro Gewinn, wie die Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen bei der Kammerversammlung in Oldenburg mitteilte. Im Wirtschaftsjahr 2022/23 nach Ausbruch des Ukraine-Krieges waren es im Durchschnitt noch rund 150.000 Euro Gewinn.

Sinkende Einnahmen, aber auch sinkende Kosten

Die Bauern bekamen von Juli 2023 bis Ende Juni 2024 deutlich weniger Geld für Getreide, Raps und Milch als noch im Vorjahreszeitraum, wie die Kammer weiter mitteilte. Die Preise sanken demnach um bis zu 30 Prozent. Dafür hätten die Landwirte besser mit Ferkeln, Mastschweinen und Zuckerrüben verdient. Gleichzeitig sinken laut LWK die Ausgaben. Die Kosten für Düngemittel seien beispielsweise um fast 40 Prozent gesunken.

Damit habe sich die wirtschaftliche Lage der niedersächsischen Höfe normalisiert, berichtete die Landwirtschaftskammer. Das Jahr zuvor sei nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine eine Ausnahme gewesen. Die Unsicherheiten der Ukraine-Krise trieben die Preise demnach in die Höhe, nun pendelten sie sich wieder ein.

Große Unsicherheit bei Landwirten

„Es ist nicht unbedingt die wirtschaftliche Situation der Betriebe, die uns die größten Sorgen bereitet“, sagte Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. „Es ist vielmehr die fehlende Planungssicherheit, die für jede Hofnachfolge so entscheidend ist.“ Besonders bei Fragen des Tierwohls und bei Umweltvorgaben seien die Bauern verunsichert, ob sich Investitionen lohnen.

Ein Landwirt meldete sich bei der Kammerversammlung selbst zu Wort. Sein Sohn wolle bald den Betrieb übernehmen. Aber er sei unsicher, ob er guten Gewissens den Milchviehbetrieb übergeben könne. „Gerade bei der Tierhaltung ist es sehr schwierig zu sagen: Machen wir weiter, machen wir nicht weiter? Investieren wir noch mal?“, meinte der Bauer fragend und wandte sich direkt an Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte.

Die Grünen-Politikerin sicherte den Landwirten ihre Unterstützung zu. „Ich möchte keine Strukturbrüche, die Existenzen bedrohen, die Menschen in Verzweiflung stürzen“, betonte Staudte. „Sondern ich möchte, dass Transformation gestaltet wird und planvoll vorangeht.“ Sie verwies unter anderem auf eine Förderung zur Existenzgründung.

Forderung nach weniger Bürokratie

Solche Förderanträge seien oftmals sehr komplex, kritisierte Schwetje. „Viele Betroffene entscheiden an einem Punkt für sich: Ehe ich mir da jetzt umfangreich Klarheit verschaffe, ehe ich mich da durchklicke und alle möglichen Belege sammele, verzichte ich lieber auf eine Förderung.“

Überhaupt sei der bürokratische Aufwand für Bauern immens, sagte der Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Insbesondere bei Klimaschutz- und Umweltauflagen. Den meisten Landwirten sei bewusst, dass sie sich noch stärker für den Umweltschutz einbringen müssten. „Aber sie wollen nicht nur hinterfragt und reguliert, sie wollen auch mitgenommen werden – mit einem bürokratischen Aufwand, der schnell zu erfassen und gut in den anstrengenden Arbeitsalltag zu integrieren ist“ 

Neues Geschäftsfeld mit Legalisierung von Cannabis

Auch die Landwirtschaftskammer müsse sich seit einigen Monaten mit neuen Gesetzen und Auflagen befassen, bilanzierte Kammerdirektor Bernd von Garmissen. Die Kammer habe die Kontrolle der Cannabis-Anbauvereinigungen übernommen. 

Landwirtschaftsministerin Staudte sagte, „Sie sind da rangegangen mit einer Haltung: Es muss gemacht werden, und wir wollen es ordentlich machen“. Neben der Kontrolle berate die Kammer auch bei Fragen zum Anbau. Es liege im gemeinsamen Interesse, den Schwarzmarkt auszutrocknen und für Qualität zu sorgen. „Das wird sehr, sehr wertgeschätzt, was Sie da im Angebot haben.“