Im Film des Cannes-Gewinners Apichatpong Weerasethakul sind vor allem die Geräusche und Bilder interessant. Oscar-Preisträgerin Tilda Swinton zeigt einmal mehr ihre Schauspielkunst.

„Slow Cinema“ nennt man, was der thailändische Regisseur Apichatpong Weerasethakul macht. Für seinen Film „Memoria“ mit Tilda Swinton in der Hauptrolle bedeutet das: Die Handlung des Filmes ist nicht so wichtig. Es gibt lange, statische Filmeinstellungen, die Atmosphären und Geräuschkulissen lebendig machen. Und eine starke Hauptdarstellerin, deren Regungen wir in aller Langsamkeit verfolgen können. Das Drama aus dem Jahr 2021 läuft morgen um 23.55 Uhr auf Arte.

„Memoria“, der im Wettbewerb des Filmfestivals in Cannes lief und den Jury-Preis gewann, ist ein Film, auf den man sich einlassen muss. Den man am besten fokussiert anschaut – ohne Nebengeräusche, ohne Handy.

Woher kommt das Geräusch?

Swinton spielt Jessica. Ein unerklärliches Geräusch reißt sie eines Tages abrupt aus dem Schlaf. Der Knall, den außer ihr niemand wahrzunehmen scheint, kehrt immer wieder zurück. Um das Wesen ihrer akustischen Halluzination zu verstehen, lässt sie das Geräusch vom Tontechniker Hernán im Studio nachbauen. Dabei kommen sie sich näher, bis Hernán spurlos verschwindet. 

Nachdem Jessica ins kolumbianische Bogotá gereist ist, wo ihre Schwester lebt, freundet sie sich mit der Archäologin Agnès an. „Ich glaube, ich werde verrückt“, sagt Jessica zu ihr. „Das bist du. Und ich auch. Da gibt es Schlimmeres“, sagt Agnès. Die Suchende begleitet die Archäologin zu einer Ausgrabungsstätte im Dschungel und lernt dort einen Fischer kennen, mit dem sie sich austauscht. 

Jessica ahnt, dass der Ursprung des Geräuschs und das Verschwinden Hernáns miteinander zu tun haben und sie noch tiefer in die Urwälder Kolumbiens vordringen muss, um dem Rätsel auf die Spur zu kommen.

Alles ist verbunden

Damit ist der Plot im Prinzip erzählt – doch viele Themen schwingen in diesem Werk mit, das eher eine Meditation als ein Spielfilm ist. Es geht um Erinnerung – persönliche und kollektive – und die Idee, dass alles in einer Art Bewusstseinsstrom miteinander verbunden ist: Menschen, Steine, Pflanzen.

Apichatpong Weerasethakul gehört spätestens seit der Goldenen Palme für seinen Film „Uncle Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben“ (2010) zu den Stars des internationalen Autorenkinos. Seine Filme, die oft Verlängerungen seiner Arbeit als bildender Künstler sind, kreisen um somnambule Zustände, Halluzinationen und das kollektive Unterbewusste.