Kinderrechte sind nichts, das wir uns nur leisten können, wenn sonst nichts drängt. Warum werden auch in Deutschland die Rechte von Mädchen und Jungen immer wieder übergangen?
Heute ist der internationale Tag der Kinderrechte, denn am 20. November 1989 wurde die „UN-Kinderrechtskonvention“ verabschiedet. Moment mal, Kinderrechte – war da nicht gerade etwas? Dazu habe ich doch erst neulich etwas gelesen, mögen aufmerksame Leserinnen und Leser jetzt denken. Recht haben Sie! Vor zwei Monaten, am 20. September, war der internationale Weltkindertag, der in diesem Jahr unter dem Motto stand: „Mit Kinderrechten in die Zukunft“. Dazu habe ich bereits vor zwei Monaten einen Kommentar geschrieben (vielen Dank für all die Zuschriften an dieser Stelle!).
Sie denken jetzt vielleicht: Zweimal Kinderrechte innerhalb von acht Wochen, muss das denn sein? Doch, das muss sein, denn es tut sich ja nichts. Oder habe ich etwas verpasst oder übersehen in den letzten Wochen? Zur Kanzlerfrage oder über die Bundesliga erscheinen ja auch regelmäßig Artikel. Deshalb werde ich nicht müde, über das Thema Kinderrechte zu schreiben (dieser Text wird auch nicht so lang, versprochen).
Seit 2010 ist die Kinderrechtskonvention Bundesgesetz
Das „Übereinkommen über die Rechte des Kindes“ gehört zu den internationalen Menschenrechtsverträgen der Vereinten Nationen. 196 Länder haben unterzeichnet – mehr als alle andere UN-Konventionen. Für Kinder etwas zu tun, ist ja auch etwas Gutes, da sind sich alle einig. In Deutschland ist die Kinderrechtskonvention seit 2010 sogar Bundesgesetz. In der Kinderrechtskonvention werden 41 Rechte speziell für Kinder aufgelistet. Dazu gehören unter anderem das Recht auf Gleichbehandlung, auf einen eigenen Namen (!), Schutz vor Diskriminierung, das Recht auf Gesundheit sowie Bildung und Ausbildung.
Heute auf diesen Tag hinzuweisen, ist nötig, denn Kinder werden weltweit zunehmend ihrer Rechte beraubt. Aber auch im reichen Deutschland ist es mit den Rechten von Kindern nicht weit her. Wir lösen längst nicht alle Forderungen der UN-Kinderrechtskonvention ein, zu denen wir uns seit über dreißig Jahren verpflichtet haben. Nehmen wir zum Beispiel das Recht des Kindes auf einen seiner körperlichen, seelischen und sozialen Entwicklung angemessenen Lebensstandard sowie das Recht auf Bildung, um „die Persönlichkeit, die Begabung und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen.“ (Artikel 29, 1). Weder haben alle Mädchen und Jungen in Deutschland gerechte und gleiche Chancen, noch wachsen alle in sozialer Sicherheit auf.
Hierzulande lebt jedes fünfte Kind in Armut oder ist armutsgefährdet. Das führt zu Bildungsarmut, weil die Schule nicht in der Lage ist, diese Unterschiede der Herkunft auszugleichen. Im Gegenteil, sie verstärkt sie sogar noch. Und so entscheidet in Deutschland die Bildung und der Kontostand der Eltern über die Bildungschancen ihrer Kinder. Studien zeigen: Arme Kinder gehen eher auf die Hauptschule, Kinder aus begüterten Verhältnissen machen Abitur und studieren. Sie profitieren von ihrer Herkunft und ihrem Status. Es können also nicht alle Kinder ihre Persönlichkeit und ihre Fähigkeiten frei entfalten.
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Daran ändert auch die Kinderkommission (KiKo) beim Deutschen Bundestages nichts. Sie besteht aus je einem Mitglied jeder im Bundestag vertretenen Fraktion. Von der KiKo haben Sie noch nie etwas gehört? Da geht es Ihnen wahrscheinlich wie den meisten Deutschen. Dann kennen Sie vermutlich auch nicht die Nationale Kinderchancen-Koordinatorin Deutschlands, Ekin Deligöz. Das ist sicher nicht das Verschulden von Frau Deligöz, sondern liegt am Thema: Kinder. Mädchen und Jungen haben in Deutschland keine Lobby.
Kinderrechte gehören ins Grundgesetz
Auch wäre es längst überfällig, dass die Rechte von Kindern ins Grundgesetz geschrieben werden. Darin sind Kinder lediglich Objekte. Das hatte eigentlich schon die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, die kam aber nicht dazu. Die Ampel-Regierung hatte dies sogar in ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Aber daraus wird ja nun auch nichts mehr, denn die Ampel ist Geschichte und damit all die Kinderprojekte von Grünen, SPD und FDP. Dabei würde es nicht mal etwas kosten, die Kinderrechte ins Grundgesetz zu schreiben. Es muss nicht mal ein Haushalt verabschiedet werden. Könnte man einfach mal so beschließen in Berlin. Aber fast könnte man denken, die Politik hätte das Thema Kinderrechte vergessen. Mal wieder.
Deshalb ist es so wichtig, über Kinderrechte zu sprechen und zu schreiben. Ich melde mich in acht Wochen wieder bei Ihnen. Mal sehen, ob Kinder und ihre Rechte im Wahlkampf ein Thema werden.