Wie möchten Menschen in Hessen heutzutage beigesetzt werden? Welche Rolle spielt die Digitalisierung? Und weshalb können Friedhöfe auch Orte für die Lebenden über der Erde sein?

Im vergangenen Jahr sind rund 73.000 Menschen in Hessen gestorben. Aber wie steht es um die aktuelle Bestattungskultur?

Deutlich mehr Feuerbestattungen 

Die hessischen Bestatter beobachten über die Jahre einen Wandel zu mehr Feuerbestattungen und weniger Sargbestattungen. „Erdbestattungen sind deutlich im Rücklauf“, sagt Matthias Föhner vom Unternehmen „In Memories“, das in Hessen Bestattungen in Frankfurt, Offenbach und Wiesbaden organisiert. Nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Bestatter machen diese einen Anteil von 31 Prozent aus. 

Der weitaus größte Teil der Beisetzungen basiere auf Feuerbestattungen. Das heißt: Die Asche wird in einer Urne beigesetzt – oder es erfolgt eine Baum- oder Seebestattung. In seinem Unternehmen liege die Feuerbestattungsquote inzwischen sogar bei 93 Prozent, schätzt der Zweite Vorsitzende des hessischen Bestatterverbands, Guido Vaupel, der seit rund 40 Jahren in seinem Familienbetrieb in Marburg tätig ist.

Für diesen Wandel in der Bestattungskultur gebe es viele Gründe. Die Angehörigen lebten oftmals nicht am selben Ort, was die Grabpflege erschwere, sagt der Experte. Zudem müssen Erdbestattungen laut Gesetz meist innerhalb weniger Tage stattfinden. Bei einer Urnenbeisetzung habe man auch aufgrund der Einäscherung mehr Zeit. Hinzu kommen finanzielle Gründe: So seien die langfristigen Gesamtkosten der Sargbestattungen oftmals höher als bei Feuerbestattungen.

QR-Codes auf Gräbern

Vielleicht wird künftig vermehrt digital an Tote erinnert – beispielsweise durch QR-Codes, die entweder direkt im Stein oder mit Plaketten angebracht werden. Wenn diese gescannt werden, sind etwa biografische Informationen und Fotos abrufbar. „Bei uns gibt es konkret eine Anfrage, die umgesetzt werden soll“, sagt Vaupel. Auch Föhner ist die Technik bekannt. Er hatte einmal einen Fall, bei dem eine Frau eine kleine Verabschiedung auf Video einsprach und die Tochter den dazugehörigen QR-Code später auf den Grabstein anbringen ließ, wie er sagt. „Wenn man diesen abscannt, kommen dann noch einmal die eigenen Worte der Verstorbenen.“ 

Steinmetz „Guckes und Söhne“ in Wiesbaden hat nach eignen Angaben schon ein-, zweimal solche Grabsteine angefertigt, „aber die Nachfrage ist nicht sehr groß“. Das sei ganz gelegentlich Thema bei Kundengesprächen, sagt auch Stefan Schneider von der „Steinwerkstatt“ in Offenbach. Er habe lediglich vor ein paar Jahren einen solchen Code in einen Stein eingearbeitet, über den das Video eines Gestorbenen abgerufen werden könne. 

Bestattungsbranche mit mehr Azubis

Die Zahl der Auszubildenden zur Bestattungsfachkraft erreichte im vergangenen Jahr einen Rekord. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden befanden sich 860 Menschen in der dualen Ausbildung. Das ist demnach mehr als doppelt so viel wie zehn Jahre zuvor (2013: 390).

Der Frauenanteil lag den Angaben zufolge zuletzt bei 57 Prozent. Zugleich verzeichnete das Bestattungshandwerk höhere Beschäftigtenzahlen. 2022 wurden laut den Daten rund 25.700 Beschäftigte gezählt – 2,6 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Kosten und Sparzwänge

Gestiegen sind aber auch die Kosten für Bestattungen. Die Preise für Särge, Urnen, Grabsteine und andere Begräbnisartikel haben laut Bundesamt im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr um 5,8 Prozent zugenommen. 

Bei Bestattungsleistungen und Friedhofsgebühren gab es demnach einen Anstieg um 5,4 Prozent. Zum Vergleich: Die Verbraucherpreise insgesamt stiegen im selben Zeitraum um 5,9 Prozent. Das mache sich auch bei den Bestattern bemerkbar: „Das Geld ist nicht mehr so vorhanden“, sagt Vaupel. 

Mehr Mitbestimmung

Nach Angaben des hessischen Bestatterverbands möchten immer mehr Menschen ihre eigene Beerdigung mitbestimmen. „Die allermeisten Leute setzen sich mit dem Thema Tod auseinander und sagen, wenn mir etwas passiert, möchte ich das auf diese oder jene Weise haben“, erklärt Vaupel. In solchen Fällen komme es zu sogenannten Vorsorgegesprächen, in denen teils sehr konkrete Wünsche und Pläne zur zukünftigen Bestattung geäußert werden.

Diese reichten von der Farbe des Sarges, der ausformulierten Trauerrede bis hin zu einem Entwurf für die Traueranzeige, bei der nur das Sterbedatum ergänzt werden müsse. „Wenn diejenige Person dann stirbt, wissen wir genau was zu machen ist“, sagt der Bestatter. Ein Mann habe ihm sogar eine persönliche Sprachnachricht überlassen, die im Falle des Todes bei dessen Beisetzung abgespielt werden solle.

Musik, Literatur und Bilderausstellung auf Friedhöfen

In Hanau gibt es eine Veranstaltungsreihe „Kultur auf den Friedhöfen“ mit einer Mischung aus Kunst, Musik und Literatur. So las in diesem Jahr die Autorin Sarah Beicht auf dem Friedhof Steinheim-Süd aus ihrer Novelle „Weiße Kreidekreuze“ über die Erlebnisse einer jungen Bestatterin in Zeiten der Pandemie. 

Außerdem präsentierte der Hanauer Illustrator und Comic-Künstler Rautie in einer Ausstellung in der Trauerhalle des Hauptfriedhofs unter dem Titel „Bunte vergängliche Gegenwart“ einige seiner Bilder. Der Singer-Songwriter Reverend Schulzz spielte am selben Ort einige Stücke.

Den Abschluss der Reihe bildet die Veranstaltung „Von Tauben und Wiederkehrern“ am 23. November, die dem Publikum die Entstehung des Friedhofs Steinheim-Süd vor 150 Jahren, volkstümliche Handlungen bei den Bestattungen und Vorkommnisse zwischen dem Reich der Toten und der diesseitigen Welt näherbringen will, wie die Stadt mitteilt. 

Die einzelnen Veranstaltungen, für die kein Eintritt verlangt wird, seien bislang sehr besucht gewesen. Sie entwickelten sich immer stärker zu einer „etablierten und angesehenen Kulturreihe in Hanau“, sagt ein Sprecher.