Eine neue Studie belegt, dass Mikroplastik die Wolkenbildung beeinflussen kann. Doch nicht nur das. Die wichtigsten Fakten zum großen Problem mit den kleinen Teilchen.
Was ist Mikroplastik und woraus besteht es?
Es handelt sich um Kunststoffteilchen mit einem Durchmesser von weniger als 5 Millimetern oder 500 Mikrometern. Viele dieser Partikel wurden extra produziert, um sie zum Beispiel Kosmetika, Pflegeprodukten, Putzmitteln, Farben oder auch Kunstrasen zuzusetzen. Andere entstehen, wenn Plastik verwittert und sich in immer kleinere Teilchen zersetzt: durch Wind, Wellenbewegung an den Küsten und UV-Strahlung, die Kunststoffe brüchig macht. Im Mikroplastik finden sich gängige Kunststoffe, die uns auch im Alltag umgeben: Polyethylen aus Folien und Tüten, Polyethylen-Terephthalat (PET) aus Plastikflaschen, PVC aus Müll und Schiffslacken oder Polystyrol aus Schaum-Verpackungen.
Woher kommt das Mikroplastik?
International stammt sehr viel aus dem Plastikabfall, der unkontrolliert in die Umwelt entsorgt wird. In Deutschland ist die größte Einzelquelle der Abrieb von Reifen im Straßenverkehr. Die meisten Teilchen davon finden sich auf und neben Straßen, gelangen aber von dort auch in Böden, Wassergräben, Bäche, Flüsse, Seen und ins Meer. In den Ozeanen gilt die Fischerei als Hauptverursacher – durch ihre ins Meer entsorgten Netze und Reusen aus Polymerfasern und durch den Faser-Abrieb von Schleppnetzen am Meeresgrund.
Allerdings gelangt weltweit das meiste Mikroplastik vom Land aus ins Meer – als Feinstaub über die Luft oder über Flüsse und Abwasserkanäle. So werden beim Waschen von Synthetik-Kleidung wie Fleece-Pullis unzählige Fasern ausgeschwemmt. Auch Kunstrasen-Sportplätze setzen Plastik-Partikel frei.
Wie groß ist das Problem?
Es ist riesig und wächst mit den globalen Plastik-Müllbergen: Schätzungsweise 52 Millionen Tonnen Kunststoffabfall werden weltweit jährlich unkontrolliert in die Umwelt „entsorgt“. Eine fast unvorstellbar große Masse – als würde man mit einer Plastiklawine den Central Park in New York bis zur Höhe des Empire State Buildings zuschütten. Dieser Müll zerfällt in immer kleinere Bröckchen und irgendwann zu Mikroplastik – doch das kann Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte dauern.
Bei einer Plastikflasche soll es sich über 450 Jahre hinziehen – und selbst dann ist noch Mikroplastik vorhanden. Viele Kunststoffe zersetzen sich nämlich möglicherweise gar nicht vollständig, sondern spalten sich nur in immer kleinere Partikel auf, die sich in der Umwelt anreichen.
Inzwischen findet man es praktisch überall: in Flüssen und Seen, im Boden der Tiefsee, im Schnee des Mount Everest und in der Antarktis. Plastikteilchen wurden schon im Trinkwasser nachgewiesen, in Pflanzenwurzeln und Meeresschildkröten und im „Blas“, den Delfine in die Luft pusten. Sogar in Lebensmitteln wie Honig, Muscheln und in Speisefischen (allerdings vor allem in deren Verdauungstrakt, den wir nicht essen).
Es gilt als sicher, dass Menschen die Partikel regelmäßig einatmen oder schlucken, beides wurde eindrucksvoll belegt durch Nachweise in Dickdarm- oder Lungengewebe. Säuglinge haben laut US-Daten sogar mehr Mikroplastik im Stuhlgang als Erwachsene, möglicherweise, weil sie Gegenstände aus Plastik in den Mund stecken und annagen. Sogar in menschlichen Herzen, im Gehirn und im Sperma wurde schon Mikroplastik gefunden.
Wie gefährlich sind die Teilchen?
Obwohl bekannt ist, dass Menschen praktisch überall auf der Welt den Partikeln ausgesetzt sind, ist bislang nicht vollständig klar, welche Risiken sie bergen. Bekannt ist, dass sie bei Meerestieren wie Muscheln oder Wattwürmern Entzündungen im Verdauungstrakt auslösen.
Zellkulturversuche und Experimente mit Mäusen belegten die entzündungsfördernde Wirkung auch in den Blutgefäßen der Tiere. Kritisch scheinen auch von den Teilchen mittransportierte Schadstoffe wie Schwermetalle zu sein. Wie stark allerdings Mikroplastik bei Menschen das Risiko für Krebs oder Herzerkrankungen erhöht, lässt sich bisher nicht beziffern.
Und was hat das jetzt mit dem Wetter zu tun?
Schon seit einer Weile steht der Verdacht im Raum, dass Mikroplastik auch die Atmosphäre beeinflussen könnte. Eine neue Studie der Pennsylvania State University in den USA erhärtet nun diese Vermutung: Ein Team aus drei Forscherinnen simulierte im Labor die Bedingungen, unter denen sich Tröpfchen und Eiskristalle in großer Höhe und bei tiefen Temperaturen bilden – was Voraussetzung für Wolken und Regenfälle ist.
Ihrem Versuchsaufbau fügten die Wissenschaftlerinnen verschiedene Sorten von Mikroplastik-Teilchen hinzu: leichtes und schweres Polyethylen, Polypropylen, PVC und PET. Sie beobachteten, dass die Partikel die Bildung von Tropfen und Eiskristallen erheblich beschleunigten. Das könnte zur Bildung größerer Wolken führen und zum Beispiel die lokalen Niederschlagsmengen bei Unwettern weiter erhöhen. Auch exakte Wetter und Unwettervorhersagen könnten durch den Mikroplastik-Einfluss schwieriger werden.