Wohin mit schrottreifen Schiffen – in Deutschland keine einfache Frage. Das macht Hafenkapitänen zu schaffen. Sie fordern gesetzliche Regelungen.

Fehlende Möglichkeiten zur Entsorgung alter Schiffe bereiten den Hafenkapitänen in Deutschland Sorgen. „Fast jeder Hafen kämpft eigentlich damit, dass irgendwo Schrottschiffe rumliegen“, sagte Stephan Berger, Vorsitzender des Verbands der Deutschen Hafenkapitäne (VDHK) der Deutschen Presse-Agentur. Es erschließe sich dem Verband nicht, dass die rechtlichen Bedingungen für ein Schiffsrecycling in Deutschland noch nicht bestünden. „Das ist super wichtig, dass da endlich die rechtlichen Grundlagen gelegt werden.“

Derzeit gebe es das Abfallrecht nicht her, Schiffe in deutschen Häfen zu recyceln. Umbauten hingegen seien möglich. „Da fallen ja auch im Prinzip dieselben Abfälle an, wie wenn ich ein komplettes Schiff verwerte. Und insofern verstehen wir nicht so ganz, wo jetzt der große Unterschied liegt.“ Der VDHK habe die Information bekommen, dass daran auf Bundesebene gearbeitet werde. „Wir haben riesige Flotten auch von Behördenschiffen und so weiter, die eigentlich ja alle ersetzt werden müssen und dann natürlich auch der Verschrottung zugeführt werden müssen.“

Zerlegung in Bangladesch, Indien und Pakistan

Weltweit werden jährlich Hunderte Hochseeschiffe abgewrackt – Tendenz steigend. Sie werden fast alle in Bangladesch, Indien und Pakistan auseinandergenommen, wo bislang die Auflagen für den Umwelt- und Arbeitsschutz sowie die Kosten deutlich geringer sind als in Europa. Dank weltweit einheitlicher Regeln für das sichere und umweltfreundliche Recyceln von Schiffen ab Mitte 2025 steigt nach Auffassung der Branche auch die Wettbewerbsfähigkeit von Abwrackwerften in der EU. Bislang befinden sich diese vor allem in der Türkei.

In Deutschland existieren bisher keine spezialisierten Schiffsabwrackplätze. Das Bremer Unternehmen Leviathan hatte im September 2023 angekündigt, auf der Stralsunder Volkswerft eine erste Anlage für emissionsarmes Schiffsrecycling in Betrieb nehmen zu wollen. Der Start zieht sich jedoch hin wegen verzögerter Genehmigungsverfahren wie es zuletzt vom Unternehmen hieß. Ähnliches gilt für die Emder Werft und Dock GmbH (EWD). Sie hatte im März 2024 mitgeteilt, mit dem neu gegründeten Unternehmenszweig EWD Benli Recycling GmbH & Co. in den Rückbau von Schiffen einzusteigen. Auch hier verzögert sich der Start: Das Zertifizierungsverfahren sei noch am Laufen, hieß es jüngst von der Firma.

Verschrottung war laut Berger eines der Themen, die auf der jährlichen Fachtagung der Hafenkapitäne in der zurückliegenden Woche in Stralsund besprochen wurden. Zusammen mit dem Havariekommando habe man auch eine Havarie auf der Ostsee simuliert. Das Szenario kam demnach zufällig der tatsächlichen Havarie des Öl-Tankers „Annika“ im Oktober vor Rostock sehr nahe.