Für die Wahl zum deutschen Fahnenträger-Duo bei den Olympischen Spielen in Paris waren mehrere prominente Sportler nominiert. Eine Weltmeisterin und ein Weltmeister dürfen die Aufgabe übernehmen.
Basketball-Weltmeister Dennis Schröder und die zweimalige Judo-Weltmeisterin Anna-Maria Wagner tragen die deutsche Fahne bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris. Das Duo setzte sich bei der Wahl durch Fans und das deutsche Olympia-Team durch und übernimmt die Aufgabe bei der Zeremonie am Freitag (19.30 Uhr). Das bestätigte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB). Zuerst hatte die „FAZ“ über die Wahl Schröders berichtet.
Bei den Männern hatten hinter dem 30 Jahre alten NBA-Profi Schröder, der sich mit aus beiden Abstimmungen addierten 103,54 Punkten klar durchsetzte, sowohl Tennisprofi Alexander Zverev (57,57) als auch Sportschütze Christian Reitz (38,89) das Nachsehen. Bei den Frauen landeten hinter Wagner (80,01) Fußballerin Alexandra Popp (74,01) und Reiterin Jessica von Bredow-Werndl (45,98). Insgesamt wurden bei der Wahl der Öffentlichkeit mehr als 500.000 gültige Stimmen abgegeben, vor drei Jahren in Tokio waren es rund 189.000 Stimmen.
Deutsches Team auf Boot sieben
Die Zeremonie findet erstmals nicht in einem Stadion, sondern auf Booten auf der Seine statt. Auf dem Fluss im Herzen von Frankreichs Metropole wird sich die deutsche Mannschaft auf Schiff Nummer sieben befinden und begleitet von zehntausenden Fans am Ufer an den wichtigsten Wahrzeichen der Hauptstadt vorbeifahren.
Für Schröder hatte das Thema Fahnenträger bei Olympia schon seit Monaten eine enorme Bedeutung. Nur wenige Wochen nach dem völlig unerwarteten WM-Titel von Manila 2023 forderte der Aufbauspieler der Brooklyn Nets offen und ehrlich: „Ich muss die Fahne tragen! Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Der NBA-Profi sprach schon vorab von „einem Statement“, wenn ein Schwarzer mit einer Mutter aus Gambia diese Ehre bekäme.
Unangefochtener Chef im Nationalteam
Schröder ist spätestens seit Amtsübernahme von Bundestrainer Gordon Herbert der unangefochtene Chef im deutschen Nationalteam. Der Spielmacher führte Deutschland nach 17 Jahren ohne Großereignis-Medaille erst zu Bronze bei der Heim-EM und schließlich zum goldenen Triumph in Manila. Bei der WM wurde Schröder auch zum wertvollsten Spieler des Turniers gewählt.
Im Nationalteam verbuchte Schröder sogar größere Erfolge als die nationale Ikone Dirk Nowitzki, in der NBA blieben Titel und Auszeichnungen dagegen aus. Immer wieder wechselte der Basketball-Profi das Team. Alleine seit 2020 spielte er für die Los Angeles Lakers, die Boston Celtics, die Houston Rockets, die Toronto Raptors und nun die Nets. Zu einer treibenden Kraft wurde er bei keiner dieser Stationen.
In den vergangenen Tagen warb Schröder vor seinem ersten Olympiastart über seine Social-Media-Kanäle energisch um Stimmen. Alleine auf Instagram folgen ihm über vier Millionen Menschen, die gerne auch sehen würden, dass es in Paris eine weitere Medaille gibt. Am Samstag startet das Weltmeisterteam gegen Außenseiter Japan in das olympische Turnier mit der Vorrunde in Lille. Das Ziel der Auswahl ist erneut eine Medaille, großer Gold-Favorit sind die USA.
Für Wagner „ein ganz, ganz großes Ding“
Für Fahnenträger-Kollegin Wagner ist es die zweite Olympia-Teilnahme. 2021 in Tokio gewann die 28-Jährige aus Ravensburg Bronze im Einzel und im Team. Auch in Paris gehört die zweimalige Weltmeisterin in der Gewichtsklasse bis 78 Kilogramm zu den Titelkandidatinnen.
„Für mich wäre das eine sehr große Ehre, die Fahne zu tragen und das Team D anzuführen“, sagte Wagner vor der Entscheidung „Münchner Merkur/tz“. „Das ist wirklich ein ganz, ganz großes Ding und würde mich riesig freuen.“
Dabei war lange offen, ob Wagner überhaupt in Paris dabei ist. Zwar gehört die Athletin, die in Köln trainiert, seit Jahren zur absoluten Weltspitze und ist aktuell Weltranglistenzweite. In Alina Böhm hat sie aber auch eine extrem starke nationale Konkurrentin. Da pro Gewichtsklasse bei Olympia nur eine deutsche Athletin antreten darf, sicherte sich Wagner erst mit ihrem zweiten WM-Titel in Abu Dhabi im Mai endgültig das Ticket.
Viel Respekt bekam Wagner auch dafür, dass sie nach Olympia in Tokio ganz offen über mentale Probleme sprach. „In dem Jahr hatte ich mit dem Weltmeistertitel zudem im Prinzip alles erreicht, was man erreichen kann. Danach war erstmal die Frage: Okay, und jetzt? Wie geht es jetzt weiter? Ich hatte die Freude am Judo verloren, konnte mich nicht mehr so für den Sport motivieren“, berichtete sie im Nachhinein. Stück für Stück kämpfte sich Wagner zurück und will das nun in Paris mit einer weiteren Olympia-Medaille krönen.