Vor vier Jahren schienen die USA Trump auf das Abstellgleis zu verbannen. Doch nun wählen die Bürger ihn zurück ins Amt – überraschend eindeutig. Auch im Kongress sieht es gut für Republikaner aus.
Nach vier Jahren kehrt der Republikaner Donald Trump als US-Präsident zurück ins Weiße Haus. Der 78-Jährige siegte nach einem hitzigen und oft aggressiven Wahlkampf überraschend eindeutig über seine demokratische Gegenkandidatin, die scheidende Vizepräsidentin Kamala Harris (60).
„Es ist ein politischer Sieg, wie ihn unser Land noch nie erlebt hat“, sagte Trump bei einem Auftritt vor Anhängern im Bundesstaat Florida. „Ich danke dem amerikanischen Volk für die außerordentliche Ehre, zum 47. Präsidenten gewählt worden zu sein“, sagte er weiter. Er versprach ein „goldenes Zeitalter“ Amerikas und bedankte sich bei seinen Wählerinnen und Wählern für die Unterstützung.
Trump erreichte Prognosen zufolge am frühen Morgen (Ortszeit) die nötige Mehrheit von mehr als 270 Wahlleuten, um sich das Präsidentenamt erneut zu sichern. Die Republikaner konnten den Demokraten auch die Mehrheit im US-Senat abnehmen. In der zweiten Parlamentskammer, dem Repräsentantenhaus, war zunächst noch unklar, ob die Republikaner ihre Mehrheit dort verteidigen können.
In der US-Politik steht harter Kurswechsel bevor
Trump hatte im Wahlkampf die „größte Deportation der Geschichte“ von Migranten aus den USA, ein schnelles Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sowie hohe Einfuhrzölle und Steuersenkungen angekündigt. Auch leugnet der Republikaner die Klimakrise und kündigte einen drastischen Ausbau der Öl- und Erdgasförderung der USA an. In der Außenpolitik – wo die Kandidatin Harris für Kontinuität stand – gilt Trump als unberechenbar, auch mit Blick auf die wichtige US-Unterstützung für die Ukraine.
Bundeskanzler Olaf Scholz streckte dem künftigen US-Präsidenten in einer ersten Reaktion die Hand aus – machte aber auch klar, dass die Europäer nun enger zusammenstehen müssen.
Krachende Niederlage für Vizepräsidentin Harris
Umfragen hatten ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen vorhergesagt. Doch die Demokratin Harris erlebte ein Debakel. Für Trump ist es ein historisches Comeback. Bei seinem Auszug aus dem Weißen Haus vor vier Jahren schien er politisch erledigt, nachdem seine Anhänger das Kapitol in Washington erstürmten und er das Wahlergebnis nicht anerkennen wollte.
Der Ex-Präsident punktete im Wahlkampf mit Versprechen wie einer Halbierung der Energiekosten. Er schürte die Angst vor einer angeblichen Invasion krimineller Migranten. Er schnitt im Vergleich zur Niederlage gegen Joe Biden vor vier Jahren besser bei Schwarzen und Latinos ab, die traditionell eine Bastion der Demokraten waren.
Durchmarsch für Trump
Trumps Triumph macht komplett, dass er auch die Mehrheit der Stimmen insgesamt gewinnen dürfte, was ihm beim Wahlsieg 2016 verwehrt geblieben war. Das „popular vote“ ist zwar unnötig für den Sieg, zeigt aber, wie groß Trumps Rückhalt in der Bevölkerung ist.
Im Juli war Trump bei einem Attentat während eines Wahlkampfauftritts leicht verletzt worden. Danach sagte er, Gott habe ihn behütet, damit er Amerika zu neuer Größe führen könne.
Scholz bietet verlässliche Zusammenarbeit an
Bundeskanzler Scholz sagte in Berlin in einer ersten Reaktion: „Gemeinsam können wir viel mehr durchsetzen als gegeneinander.“ Das Angebot einer verlässlichen Zusammenarbeit gelte auch „mit Blick auf die Bedrohung, die Russland nach Auffassung aller Nato-Alliierten für die Sicherheit im europäischen Raum darstellt“. Die USA und Deutschland sind die wichtigsten Waffenlieferanten der Ukraine. Es gibt Befürchtungen, dass Trump die Hilfe einstellen könnte.
CDU-Chef Friedrich Merz warb für eine stärkere Rolle Europas und hob die gemeinsamen Werte und Interessen mit den USA sowie das kollektive Schutzversprechen als Mitglieder in der Nato hervor. „Es liegt nun insbesondere auch in der Hand von uns Deutschen und Europäern, die Beziehungen zu unserem wichtigsten Verbündeten zu gestalten“, schrieb Merz auf der Plattform X.
BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht forderte eine Abkehr von der bisherigen transatlantischen Politik. Die größte Militärmacht der Welt und Deutschlands wichtigster Handelspartner werde für die nächsten vier Jahre von einem Präsidenten regiert, der rücksichtslos das verfolge, was er für das amerikanische Interesse halte, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Wagenknecht nannte „weitere Aufrüstung, Wirtschaftskriege und gnadenlose Zollpolitik auch gegen Deutschland und Europa“.
Gegengewicht nur im Kongress möglich
Mit der Mehrheit der Republikaner im US-Senat könnte Trump mehr Durchschlagskraft für seine Pläne bekommen. Harris‘ Demokraten können nur ein Gegengewicht bilden, wenn sie es schaffen, sich das Repräsentantenhaus als zweite Kongress-Kammer zurückzuholen. Behalten die Republikaner die Kontrolle über das Abgeordnetenhaus, kann Trump durchregieren.
Mit der Senats-Mehrheit könnten die Republikaner auch die konservative Mehrheit im Obersten Gericht weiter ausbauen, die die USA auf Jahrzehnte prägen wird. Die Richter am Supreme Court werden auf Lebenszeit ernannt. Trump hatte in seiner ersten Amtszeit drei Richter ernannt und für die Mehrheit der Konservativen gesorgt. Sie kippten unter anderem das landesweite Recht auf Abtreibungen.
Wähler lehnten Harris ab
Vizepräsidentin Harris warnte die Amerikaner vor diktatorischen Ambitionen Trumps und machte Abtreibungen zum Thema. Sie drang aber nicht durch bei den Wählern, die teils wegen der hohen Inflation nach der Corona-Pandemie mit Präsident Joe Bidens Regierung unzufrieden waren. Die Amerikaner trauen Trump in der Wirtschaftspolitik mehr zu. Und viele sagten in Umfragen auch, dass die persönlichen Qualitäten der Kandidaten für sie weniger wichtig seien als ihre eigenen Finanzen.
Bilanz von Trumps erster Amtszeit umstritten
In seiner ersten Amtszeit setzte Trump an der Südgrenze der USA harte Maßnahmen wie den Bau eines meterhohen Zauns und die Trennung der Kinder von Migranten von ihren Eltern durch. Die Amerikaner waren 2020 mit seiner Corona-Politik unzufrieden. Aus Sicht der Demokraten disqualifizierte er sich mit der Weigerung, die Niederlage bei der Wahl 2020 anzuerkennen. Gegen Trump laufen mehrere Prozesse. Die meisten davon dürften mit seiner Rückkehr ins Weiße Haus schnell kein Thema mehr sein.
Auch Entscheidung über Kongress-Mehrheiten
Bei der Wahl wurde auch über die Mehrheiten im US-Kongress entschieden. Zur Wahl standen alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus sowie rund ein Drittel der 100 Sitze im Senat. Die Partei, die den Kongress kontrolliert, kann den Handlungsspielraum eines Präsidenten stark einschränken. Aktuell halten die Republikaner die Mehrheit im Abgeordnetenhaus mit 220 zu 212 Sitzen.
Recht auf Abtreibung in mehreren Bundesstaaten
In mehreren Bundesstaaten konnten die Wähler auch über das Recht auf Abtreibungen entscheiden. Nachdem das Oberste Gericht der USA ein Urteil aus den 70er Jahren aufhob, sind Abtreibungen nun Angelegenheit der Bundesstaaten. Mehrere von ihnen, die von Republikanern beherrscht werden, verhängten danach Abtreibungsverbote. In Missouri stimmten die Wähler für die Aufhebung des Verbots, in Arizona wurde das Recht auf Abtreibungen verankert. In Florida verfehlte es die nötige Mehrheit von 60 Prozent.