Mehrere Einrichtungen und Behörden suchen nach der Ursache für die vielen toten Robben in Vorpommern – bislang ohne Erfolg. Der zuständige Minister erinnert an eine ähnliche Häufung vor Jahren.
Mehrere Behörden und Einrichtungen haben bislang nicht die Ursache für die andauernde Serie von Totfunden von Kegelrobben an der vorpommerschen Küste gefunden. „Das ist äußert bedauerlich und lässt alle Beteiligten unbefriedigt zurück“, stellte der Schweriner Umweltminister, Till Backhaus (SPD), fest. „Sie können aber davon ausgehen, dass wir die Ereignisse sehr ernst nehmen.“
Nach erneuten Funden diese Woche und am letzten Wochenende im Südosten Rügens, wo auch schon zuvor die meisten Kadaver entdeckt worden waren, belief sich die Zahl seit Anfang Oktober laut Deutschem Meeresmuseum in Stralsund Mitte der Woche auf 34. Laut Umweltministerium könnten es inzwischen noch mehr sein, wobei die offiziell bestätigte Zahl zunächst nicht klar war.
„Die Sektionen ergaben bislang keine Hinweise auf eine natürliche Todesursache. Auch die Vogelgrippe – derartige Fälle sind aus Dänemark bekannt – konnten als Todesursache ausgeschlossen werden“, erklärte Backhaus.
Reuse untersucht
Auch für einen Zusammenhang etwa mit Bauarbeiten oder Fischerei in der Region gebe es keinen Nachweis. „Kontrollen einer Reuse vor Thiessow durch die Fischereiaufsicht, auch unter Einsatz von Unterwasserkameras, blieben bislang ergebnislos.“
Derzeit werden laut Ministerium Robben in Büsum am Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) untersucht, um weitere mögliche Todesursachen, wie etwa Lärm, abzuklären. Es seien zur Unterstützung Strömungsmodelle vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) angefertigt worden, die bislang aber keinen Rückschluss auf einen anderen ursächlichen Ausgangspunkt der Totfunde ermöglicht hätten. Auch ein Überflug des Küstenabschnitts durch die Wasserschutzpolizei ergab den Angaben zufolge keine Anhaltspunkte für eine andere mögliche Ursache.
Hinweise auf mögliches Ertrinken
Am Mittwochmorgen hatte das Deutsche Meeresmuseum erneut drei Kadaver auf Rügen geborgen und anschließend auf den Dänholm zwischen Rügen und Stralsund gebracht. Sie sollen wie schon vorhergehende Exemplare von Experten seziert werden. Bisher untersuchte Tiere waren früheren Angaben zufolge wohlgenährt und wiesen keine Infektionskrankheiten auf. Demnach gab es Hinweise auf mögliches Ertrinken.
Vom Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei (Lallf), das auch Kadaver untersucht hat, hieß es zuletzt, dass ein Ertrinkungstod schwer nachzuweisen sei, etwa weil entsprechende Spuren auch durch ein Herz-Kreislauf-Versagen verursacht worden sein könnten. Hinweise, dass sich die Tiere in Netzen verfangen haben, hätten sich nicht verdichtet, sagte Lallf-Direktor Stephan Goltermann.
WWF fordert Reusen in der betroffenen Region zu schließen
Die Umweltstiftung WWF hatte Anfang der Woche gefordert, vorsichtshalber Reusen in der betroffenen Region zu schließen, solange man die Todesursache nicht kenne. Die nächste Sektion durch das Meeresmuseum soll in drei Wochen erfolgen. Man wolle Ergebnisse laufender Gewebeuntersuchungen abwarten, um zu wissen, wonach genau man schauen müsse, sagte die Kuratorin für Meeressäugetiere, Judith Denkinger. Mittlerweile lägen so viele Kadaver vor, dass man bis ins kommende Jahr mit Sektionen beschäftigt sei. Sie hoffe, dass diese Serie bald ende.
Schon 2017 Häufung von Totfunden
Backhaus verwies auf eine ähnliche Häufung von Totfunden im Herbst 2017. Die Ursache für den Tod von damals 23 Kegelrobben im Greifswalder Bodden blieb ungeklärt. Präventiv wurden danach laut Ministerium Vorkehrungen getroffen, um zu vermeiden, dass Robben in Reusen hineinschwimmen.
Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen einen Fischer mit Reusen führten 2018 nicht zur Anklage. Das Meeresmuseum wie auch das Biosphärenreservat Südost-Rügen hatten seinerzeit Anzeige erstattet. Auch wegen der neuerlichen Häufung haben beide erneut Anzeige gegen Unbekannt erstattet.
In der Ostsee sind die Kegelrobben im 20. Jahrhundert fast ausgerottet worden. Nach Schutzmaßnahmen ist der Bestand zuletzt wieder gewachsen. Laut Denkinger erreichte er in der Region in den Jahren 2022 und 2021 einen Höhepunkt. An der Küste Mecklenburg-Vorpommerns leben schätzungsweise 300 bis 400 Tiere.