Ein ehemaliger Pfarrer ist wegen Kindesmissbrauchs ohne Körperkontakt vom Landgericht Fulda verurteilt worden. Laut Gericht brachte die schiere Masse der Fälle den Mann auf diese Strafhöhe.

Ein ehemaliger Pfarrer muss wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern ohne Körperkontakt ins Gefängnis. Das Landgericht Fulda verurteilte den 43-Jährigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren. Die Kammer sprach den Mann in allen 68 Anklagepunkte schuldig, sagte der Sprecher des Gerichts, Dominik Dute. „Wobei am schwersten der Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in kinderpornografischer Absicht wiegt.“ 

Kindesmissbrauch: Anwalt des Ex-Pfarrers kündigt Revision an

Der ehemalige katholische Pfarrer nahm das Urteil regungslos zur Kenntnis und sah den Vorsitzenden Richter Joachim Becker zeitweise dabei an. Sein Anwalt, Axel Dohmann, allerdings, zeigte sich mit dem Urteil unzufrieden: „Wir werden mit Sicherheit Revision einlegen“, kündigte er nach der Urteilsverkündung an. 

Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt hingegen ist mit dem Urteil zufrieden, sagte der leitende Oberstaatsanwalt Benjamin Krause. Das Urteil zeige, dass sexueller Missbrauch von Kindern auch ohne Körperkontakt nicht akzeptiert werde. Die Staatsanwaltschaft hatte im Vorfeld viereinhalb Jahre Haft für den Mann gefordert. Die Verteidigung hatte sich für eine Strafe von höchstens zwei Jahren ausgesprochen, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. 

Strafmildernde Umstände für Ex-Pfarrer

Die schiere Masse der Fälle habe den Angeklagten in diese Strafhöhe gebracht, erklärte das Gericht unter anderem in seiner Urteilsbegründung. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich der Mann in Chatverläufen auf einer Videochatplattform in mehreren Fällen des Besitzes und der Verbreitung von kinderpornographischem Material schuldig gemacht habe. In einigen Chatverläufen habe er Kindern, die auch als solche zu erkennen gewesen seien, zum Teil „hartes kinderpornographisches“ Material vorgespielt. Auch habe er Kinder und Jugendliche zu sexuellen Handlungen aufgefordert und sich selbst bei solchen gezeigt. Das dabei entstandene Videomaterial habe er abgespeichert und behalten. 

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In seinem Urteil fasste das Gericht mehrere Einzelstrafen zusammen, führte Becker aus. Die höchste Einzelstrafe für ein Vergehen belief sich auf zweieinhalb Jahre. Alle Fälle zusammen hätten ein Urteil von mehr als 35 Jahren ergeben. Strafmildernd für den Mann habe sich allerdings ausgewirkt, dass er geständig war. Im Übrigen habe der Prozess auch Folgen für ihn gehabt: „Er wird nie wieder als Priester arbeiten können, er ist gesellschaftlich ruiniert und das sind natürlich alles Umstände, die zugunsten des Angeklagten sprechen“, sagte Gerichtssprecher Dute. Auch vorbestraft sei der Mann nicht. 

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe war er suspendiert worden. Zuletzt äußerte er sein Bedauern für seine Taten: „Für dieses Verhalten schäme ich mich sehr“, sagte er. Durch seine inzwischen begonnene Therapie sei ihm bewusst geworden, welches Leid er mit seinem Tun verursacht habe. Er betonte, dass es in seiner Tätigkeit als Gemeindepfarrer im Bistum Fulda zu keinerlei Übergriffen gegenüber Gemeindemitgliedern gekommen sei.

Ermittlungen gegen Pfarrer nach Hinweisen aus den USA

Staatsanwalt Krause verwies zudem auf die Hilfe amerikanischer Behörden bei der Bekämpfung von Missbrauch in Deutschland. „Das Urteil zeigt heute, dass die Strafverfolgung möglich ist. Man muss aber ehrlich sein und sagen, die ist derzeit nur möglich, weil wir Hinweise aus den USA bekommen.“ Dort würden Internetdienstanbieter verbotenes Material den Behörden melden. Als Strafverfolger würde er sich wünschen, dass es auch in Europa Möglichkeiten gebe, dass Internetdienstanbieter verbotenes Material nach dem Fund den zuständigen Behörden auch zur Verfügung stellten.

Der Anstoß der Ermittlungen gegen den Angeklagten sei laut Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt im Mai 2022 aufgrund eines Hinweises der US-amerikanischen Organisation „National Center for Missing & Exploited Children (NCMEC)“ erfolgt. Der Mann geriet dabei in Verdacht, Dritten über das Internet kinderpornografisches Material zugänglich gemacht zu haben.