Elf Monate vor der Bundestagswahl hat Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) einige Vorhaben für den Fall einer Regierungsübernahme vorgestellt. Als Bundeskanzler wolle er Anreize zum früheren Renteneintritt abschaffen, die Zahl von Bürgergeldempfängern senken und einen sofortigen Einstellungsstopp für den öffentlichen Dienst auf Ebene der Bundesministerien verhängen, sagte Merz am Samstag beim Deutschlandtag der Jungen Union in Halle. Als „wichtigste Wählergruppe“ wolle die Union die Arbeitnehmenden umwerben.

Am gesetzlichen Renteneintrittsalter von derzeit 67 Jahre wolle er festhalten, betonte der Kanzlerkandidat. „Aber wer früher geht, muss akzeptieren, dass es größere Abschläge gibt“, fügte er hinzu. Mehr Anreize müsse es hingegen für jene Beschäftigten geben, die länger arbeiten wollten. 

Mit seiner Festlegung zum Renteneintrittsalter ging Merz auf Distanz zu einem Beschluss, den die Delegierten der Jungen Union kurz vor seiner Rede einstimmig angenommen hatten: Darin forderte die Nachwuchsorganisation von CDU und CSU eine Koppelung des Renteneintrittsalters an die Entwicklung der Lebenserwartung sowie langfristig eine Absenkung des Rentenniveaus.

Merz stellte in Halle aber klar: „Es wird keine Rentenkürzungen in Deutschland geben.“ Mit dieser Klarstellung nehme die Union der SPD die Möglichkeit, im Wahlkampf „eine infame Kampagne zu führen, die da lautet, mit der CDU und mit Merz wird es in Deutschland Rentenkürzungen geben“.

In seiner Rede vor der Jungen Union kündigte Merz zudem an, dass CDU/CSU „sofort“ nach einer Regierungsübernahme einen „Einstellungsstopp für den öffentlichen Dienst“ verhängen werden, der „vor allem für die Bundesministerien gelten“ solle. 

Die Ampel-Regierung habe es insbesondere durch die Schaffung von neuen Führungsposten im öffentlichen Dienst und durch die Berufung zahlreicher Regierungsbeauftragter „so massiv übertrieben, dass damit zusätzliche Bürokratie entstanden ist“, kritisierte der CDU-Chef. Die Union wolle in der Regierung alle Posten der Regierungsbeauftragten mit Ausnahme des Wehrbeauftragten auf den Prüfstand stellen. 

Ansprechen wolle die Union im Wahlkampf insbesondere die „Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die gerne zur Arbeit gehen“, sagte Merz. „Das ist die wichtigste Wählergruppe für uns“, fügte er hinzu. „Sie zu erreichen, wird über Erfolg oder Misserfolg bei der nächsten Bundestagswahl entscheiden.“ Diese Gruppe habe angesichts der Politik der Ampel-Koalition „zunehmend das Gefühl, dass andere Gruppen – nämlich die Leistungsempfänger – höhere Aufmerksamkeit erfahren“.

Die Union wolle sich im Wahlkampf hingegen „dazu bekennen, dass wir eine Leistungsgesellschaft sein wollen“, sagte der CDU-Chef. Die Zahl der Bürgergeld-Empfänger müsse „deutlich sinken“, forderte er – besonders unter Flüchtlingen, Asylbewerbern und Menschen, die arbeiten könnten. 

Merz kündigte zudem an, die Migrationspolitik zum Wahlkampfthema zu machen, sollte die „Ampel“ die Zahl der Zuwandernden nicht deutlich senken können. Die Union werde dies aber nicht „mit ausländerfeindlichen Untertönen“ tun und sich klar von der in Teilen rechtsextremen AfD abgrenzen. Sie werde „die Auseinandersetzung mit denen suchen, die mit dem Gerede von der ‚Umvolkung‘ die Bevölkerung gegeneinander in Stellung bringt“, sagte Merz. 

Die Union ist laut Umfragen derzeit mit Abstand stärkste Kraft – sie wird aber aller Voraussicht nach für die Bildung einer Regierung auf Koalitionspartner angewiesen sein. Eine Koalition mit der AfD schloss Merz in Halle abermals kategorisch aus. Rechnerisch in Frage kämen die weiter links stehenden Parteien SPD und Grüne.

Der CDU-Chef sprach in diesem Zusammenhang von einem „Dilemma“: „Es gibt in Deutschland keine links-grüne Mehrheit“, sagte er. „Es gäbe rechts, ganz rechts, eine theoretische Mehrheit. Wir werden diese theoretische Mehrheit nicht in Anspruch nehmen.“ Die Union müsse aber bei der Wahl ein besonders starkes Ergebnis erzielen, damit nicht die geschwächten linken Kräfte „Einfluss behalten in Deutschland“.

Vor der Rede des Kanzlerkandidaten hatte die Unions-Nachwuchsorganisation ihren Vorsitzenden Johannes Winkel für zwei weitere Jahre im Amt bestätigt. Der 32-jährige Jurist bekam rund 90 Prozent der Stimmen.