Die meisten Australier sind überzeugt, dass ihr Land in 100 Jahren längst eine Republik ist. Aber noch ist Charles hier König und nun zu Besuch bei den Untertanen. Wohin steuert die Krone Down Under?

Wird für Charles III. sein erster Besuch in Australien als König auch sein letzter? In kaum einem anderen Land, das den britischen Monarchen als Oberhaupt anerkennt, ist die Debatte über die Staatsform so laut wie in Down Under.

Bei seiner ersten Fernreise, seitdem er vor einigen Monaten seine Krebserkrankung öffentlich machte, landete der 75-Jährige gemeinsam mit Ehefrau Königin Camilla bei regnerischem Wetter in Sydney. Bis zum 26. Oktober besuchen Charles und Camilla auch die Hauptstadt Canberra sowie den pazifischen Inselstaat Samoa, in dem das diesjährige Gipfeltreffen des Staatenbundes Commonwealth stattfindet.

Im Gepäck hat Charles einen Beutel voller Themen. Er wolle „die außergewöhnlich reichen Kulturen und Gemeinschaften“ würdigen, die Australien so besonders machen, kündigte der Palast an. Ein Treffen mit australischen Krebsforschern beleuchtet indirekt auch Charles‘ eigene Erkrankung. Dass der Monarch die Behandlung unterbricht, wie britische Medien berichteten, zeigt, wie wichtig ihm die Reise ins sechstgrößte Land der Erde ist.

Australiens Regierungschef ist Republikaner

Die Frage einer Republik ist aber immer dabei beim ersten Besuch eines Staatsoberhaupts seit 2011. Für Charles hätte die Australien-Reise eine ziemlich unangenehme royale Pflichtübung werden können. Noch bis Anfang dieses Jahres sah es so aus, als wolle die Regierung von Premier Anthony Albanese in nicht allzu ferner Zukunft ein Referendum über die Abschaffung der konstitutionellen Monarchie in dem Commonwealth-Land abhalten. Albanese ist ein erklärter Republikaner.

Im Januar – kurz nach Bekanntwerden der königlichen Reisepläne – kam plötzlich die Kehrtwende. Das Votum habe „keine Priorität“, und es gebe dafür „keinen Zeitplan“, ließ das Kabinettsmitglied Matt Thistlethwaite gegenüber Medien verlauten.

Charles sieht Staatsform als australische Angelegenheit

Auch Experten sehen die Debatte gelassen. „Der König hat – wie schon seine Mutter Queen Elizabeth II. – klargestellt, dass die Stellung der Krone in Australien eine Angelegenheit der Australier ist“, sagte der Verfassungsrechtler Craig Prescott von der Londoner Universität Royal Holloway. Folgen dürfte ein Wechsel der Staatsform kaum haben, sagte der Royals-Experte der Deutschen Presse-Agentur. „Ich bezweifle, dass es für die Monarchie als Institution eine echte Gefahr darstellen würde, wenn zum Beispiel Australien oder Kanada zu Republiken würden.“

Bei einem Referendum im Jahr 1999 hatten sich die Australier mehrheitlich für die Krone ausgesprochen. Umfragen deuteten zuletzt immer auf ein sehr knappes Ergebnis, sollte es noch einmal zu einem Votum kommen. Das Meinungsforschungsinstitut Yougov schrieb im vergangenen Jahr, dass etwa ein Viertel der Australier stolz auf die Monarchie (28 Prozent) sei, während sich etwas mehr als 23 Prozent dafür schämten. Die allermeisten – 42 Prozent – stehen dem Thema aber eher gleichgültig gegenüber. 

Kein Konterfei auf dem Dollar-Schein

Dennoch: Das Thema „Abkehr von der Monarchie“ kehrt im Land der Koalas und Kängurus wie ein Bumerang immer wieder zurück. Im vergangenen Jahr wurde bekannt, dass Charles als neues Staatsoberhaupt nicht – wie zuvor seine Mutter – auf dem australischen Fünf-Dollar-Schein zu sehen sein wird. Das Design soll künftig die Kultur und Geschichte der Ureinwohner würdigen. 

Bereits 2022 hatten anlässlich eines nationalen Trauertags zu Ehren der verstorbenen Queen Tausende vor allem indigene Australier gegen den „kolonialen Imperialismus“ Großbritanniens protestiert. Fahnen wurden verbrannt, eine Hommage an Elizabeth II. in den Farben der Flagge der Aborigines übermalt. Außer Albanese sind auch viele Chefs der australischen Bundesstaaten Republikaner – viele von schlugen eine Einladung zu einem Treffen aus. 

Am Rande des Besuchs – es ist der insgesamt 17. von Charles in dem Land – will die Anti-Monarchie-Organisation Republic protestieren, die seit der Thronbesteigung des Monarchen wiederholt mit großen gelben Fahnen und der Aufschrift „Not My King“ (Nicht mein König) für Aufsehen sorgte. Ihr Chef Graham Smith flog bereits vor längerer Zeit nach Australien, um die Aktionen vorzubereiten.

Bei einer Mehrheit der Australier ist die königliche Familie aber laut Yougov weiter sehr beliebt. Speziell Charles ist demnach populärer bei den Aussies als jeder australische Politiker. Noch geschätzter ist nur sein Sohn William. Das mag ein Hoffnungsschimmer für die Zukunft der Krone in Down Under sein – aber mehr als die Hälfte der Australier ist überzeugt, dass ihr Land in 100 Jahren längst eine Republik sein wird.