Friedrich Merz hält auf dem CSU-Parteitag eine Rede, die so oberflächlich ist, als sei sie von ChatGPT geschrieben. Will er Kanzler werden, muss er schleunigst umschalten.

Betrachtet man den CSU-Parteitag nur nach der B-Note, lief er für Friedrich Merz sehr ordentlich. Der Kanzlerkandidat wurde freundlich empfangen. Seine Rede kam bei den Delegierten der Schwesterpartei gut an. Selbst Markus Söder verhielt sich vergleichsweise kollegial. Wir sind bereit, die Ampel abzulösen, das wollte die Union an diesem Samstag gern als Botschaft verstanden wissen.

Leider offenbarte der Auftritt von Merz auch seine zentrale Schwäche: die Oberflächlichkeit, die fehlende Substanz.

Merz will als Change-Kandidat antreten, als Mann, der für einen „Kurswechsel“ sorgt und das Land in eine ganz neue Richtung steuert. In der Migration, findet Merz, brauche es wieder volle Kontrolle. In der Gesellschaft brauche es einen „neuen Leistungswillen“. Die Innovationsfähigkeit des Landes sei „zu schlecht“. Die sozialen Sicherungssysteme müssten überholt werden, auch wenn das „unser Land fordern“ werde. Und das Bürgergeld? „Weg damit“, ruft der CDU-Chef, was die Halle jubeln lässt, als hätte er gerade angekündigt, in die CSU einzutreten.

Große Lücke – ausgerechnet in der Wirtschaftspolitik

Um nicht missverstanden zu werden: Die Sätze von Merz sind im Kern alle nicht falsch, dieses Land braucht eine Generalüberholung, die Ampel schafft das offenkundig nicht. Nur würde man gerne mal wissen, wie genau der CDU-Vorsitzende sein Programm des großen Wandels eigentlich durchbuchstabiert, anstatt nur ein paar Soundbites serviert zu bekommen, die auch eine KI hätte schreiben können.

12: Söder verspricht Merz CSULoyalität auch über Wahl hinaus – 549269a735ca5d51

Nicht einmal auf dem Feld der Wirtschaftspolitik scheint Merz bisher wirklich etwas einzufallen. Es bestehe ein „fundamentaler Dissens“ zwischen der Union und dem Kurs des Kanzlers, sagt er und da ist man schon ganz aufgeregt, von einem Politiker endlich mal eine Idee zu hören, die das Land wieder nach vorne bringen kann. Und dann kommt: eigentlich nur eine Überschrift. Es brauche gute Regeln für alle Unternehmen statt Milliardensubventionen für einige. Jawollja! Applaus! Nächstes Thema.

Moment – what?

Es gibt da schon noch ein paar Fragen. Wie halten wir die Industrie hier? Wie steuern wir die Strompreise? Braucht es Investitionen? Welche Leitmärkte sollen entstehen? Wie soll der Strukturwandel organisiert werden? Und was ist eigentlich mit China? Die Frage, wie unsere Volkswirtschaft unter den aktuellen geopolitischen Bedingungen überlebt und zu neuen Kräften kommt, dürfte die Kernfrage im Kampf um die Kanzlerschaft werden. Scholz ist auf dem Feld schwer angreifbar und Merz nimmt eine gewisse Expertise für sich in Anspruch nimmt. Aber ausgerechnet hier kommt bislang einfach erschreckend wenig vom CDU-Chef. 

Die Achillesferse des Kandidaten Merz

Klar, es sind noch gut elf Monate bis zur Bundestagswahl. Das Wahlprogramm ist erst in Arbeit. Und Merz muss noch die unangenehme Frage beantworten, wie er den Wandel, den er mit diesem Land vorhat, eigentlich bezahlen will, wenn er sich gleichzeitig an die Schuldenbremse kettet. Aber den Fehler, der Konkretisierung auszuweichen, hat schon Armin Laschet teuer bezahlt. Will Merz das Land führen, muss er schleunigst mal raus aus dem reinen Oppositionsmodus – und umschalten in den Kanzlermodus. Ansonsten droht sich das Bild eines Mannes festzusetzen, der groß daherredet, aber eigentlich auch keinen Plan hat.

Das ist die Achillesferse des Kandidaten. Nicht, wie die SPD hofft, seine Aussetzer und sein Temperament.