Nach dem Terroranschlag von Solingen wollten die Fraktionen im Landtag eigentlich im Konsens einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Nun prescht die SPD-Opposition vor.

Zwischen den Fraktionen im NRW-Landtag gibt es Streit um die eigentlich im Konsens geplante Einsetzung des Untersuchungsausschusses zum mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen. Die SPD-Opposition preschte heute vor und legte im Alleingang einen Einsetzungsbeschluss für den Ausschuss vor. Er soll nach Willen der Sozialdemokraten schon im Oktober ins Plenum eingebracht werden.

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Lisa Kapteinat warf CDU und Grünen vor, sie hätten bis heute „keinerlei Initiative an den Tag gebracht, die Einsetzung des Untersuchungsausschusses voranzutreiben“. Auch auf Initiativen der SPD seien die Regierungsfraktionen nicht eingegangen.

Mit der Vorlage eines eigenen Einsetzungsbeschlusses erhöht die SPD nun per Ultimatum den Druck auf CDU und Grüne, zu einem Konsens zu kommen. Die SPD kann auch allein einen Untersuchungsausschuss durchsetzen. Die Fraktion liegt mit ihrer Mandatszahl über dem notwendigen Quorum von mindestens einem Fünftel der Landtagsabgeordneten. 

Es geht um einen Monat 

Der Vorstoß für den U-Ausschuss war wenige Tage nach dem Anschlag vom 23. August mit drei Toten und acht Verletzten zunächst aus den Regierungsfraktionen von CDU und Grünen gekommen. Auch die oppositionelle FDP hatte die Einsetzung des Gremiums gefordert. Die Regierungsfraktionen luden SPD und FDP ein, die Arbeit gemeinsam zu gestalten. 

Vereinbart war nach Angaben der CDU und FDP allerdings, gemeinsam einen Antrag im November-Plenum vorzulegen. Das jetzige Vorgehen der SPD sei ein „klarer Bruch der Vereinbarungen“. Die SPD stelle zudem verfassungswidrige Bedingungen. 

FDP-Fraktionschef Henning Höne sagte: „Vereinbart war ein gemeinsamer Antrag von CDU, SPD, Grünen und FDP zum Plenum im November.“ Dafür müssten sich alle Beteiligten aufeinander zubewegen. „Leider wurde die Vereinbarung einseitig von der SPD aufgekündigt.“ Im Zentrum müsse die Frage stehen, was der bestmöglichen Aufarbeitung des Anschlags nutze. „Mit Zeitdruck und Parteipolitik wird diese Frage nicht beantwortet.“

Dem widersprach Kapteinat. „Es gab keine Verabredung für ein November-Plenum, sondern es ging von Anfang an nur darum, einen Zeitplan auf den Weg zu bringen. Dieser Zeitplan ist bis heute nicht übersandt worden.“ Die SPD wäre nach Worten Kapteinats nur unter bestimmten Bedingungen wie der Sicherung von Kommunikationsmitteln bereit, den Ausschuss erst im November einzusetzen. 

SPD will Zeitraum ab Amtsantritt Wüst untersuchen

Der Ausschuss soll mögliche Versäumnisse der Landesregierung und Behörden aufklären. Im Antrag der SPD zur Einsetzung des Ausschusses wird der Untersuchungszeitraum bereits ab dem 27. Oktober 2021 festgelegt – dem Tag der Übernahme der Amtsgeschäfte durch Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Der tatverdächtige Syrer war erst Ende 2022 über Bulgarien nach Deutschland gekommen und hatte Ende Januar 2023 einen Asylantrag in Bielefeld gestellt. 

Fragen zu fehlgeschlagener Abschiebung

Im Fokus steht die gescheiterte Abschiebung des tatverdächtigen Syrers. Er sitzt in Düsseldorf in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn unter anderem wegen Mordes und wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). 

Der Tatverdächtige war Ende 2022 über Bulgarien nach Deutschland gekommen. Er sollte nach den EU-Asylregeln eigentlich schon 2023 nach Bulgarien überstellt werden. Dies geschah jedoch nicht, weil der Mann am vorgesehenen Tag im Juni 2023 nicht angetroffen wurde. Mehrere Behördenversäumnisse führten nach Angaben der wegen der gescheiterten Abschiebung politisch unter Druck geratenen NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) dazu, dass der Mann schließlich in Deutschland blieb.