Nach dem Tod des Hisbollah-Anführers Hassan Nasrallah tritt sein Cousin Haschim Safi al-Din seine Nachfolge an. Wer ist der Mann?

Sechs israelische Raketen haben gereicht, um den Kopf der Hisbollah auszuschalten. Am Freitag wurde mit Hassan Nasrallah der Mann getötet, der die Terrormiliz und damit auch indirekt den Libanon seit 1992 führte. Einige Experten erwarteten, dass danach ein Machtvakuum entstehen würde. Die Hisbollah selbst erstickte alle Diskussionen keine zwei Tage später im Keim – zumindest vorerst. Haschim Safi al-Din sei als Nachfolger benannt worden. Er ist der Cousin Nasrallahs, sieht ihm nicht nur zum Verwechseln ähnlich, sondern steht auch für die exakt gleiche Politik und Ideologie. 

Haschim Safi al-Din: Wer ist der neue starke Mann der Hisbollah? 

Safi al-Din wird 1964 im Süden Libanons geboren. Er lässt sich im Irak und Iran zum schiitischen Geistlichen ausbilden. 1994 ruft ihn Nasrallah in den Libanon zurück. Er installiert Safi al-Din als seine rechte Hand und baut ihn als seinen Nachfolger auf. Innerhalb der Hisbollah macht Safi al-Din schnell Karriere: Knapp ein Jahr nach seiner Rückkehr wird er Mitglied des sogenannten Schura-Rats und Leiter des sogenannten Dschihad-Rats, der über die militärischen Ausrichtungen und Operationen der Terrormiliz entscheidet. 

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2001 wird Safi al-Din zum Vorsitzenden des Exekutivrats der Hisbollah – dem höchsten Gremium der Organisation. Seitdem liegen alle politischen, wirtschaftlichen und infrastrukturellen Fragen im Einflussgebiet der Hisbollah in seiner Verantwortung. Die Position macht ihn zur unangefochtenen Nummer zwei hinter Nasrallah – nicht nur bezogen auf die Hisbollah, sondern auch auf den Libanon. Der Exekutivrat ist die Schattenregierung in den schiitischen Teilen des Landes. Die Hisbollah längst so etwas wie ein Staat im Staate. 

Finanziert wird die Organisation zu großen Teilen vom Iran – mit dem Safi al-Din nicht nur politisch viel verbindet, sondern auch familiär: Sein Bruder ist der Hisbollah-Vertreter in Teheran, sein Sohn heiratete im Juni 2020 die Tochter des iranischen Generals Ghassem Soleimani, der kurz darauf bei einem US-Drohnenangriff im Irak getötet wurde. 

Safi al-Dins Ideologie basiert vor allem auf Israel-Hass

Doch auch abseits dieser clanartigen Strukturen ist Safi al-Din voll auf der Linie des Iran. Er ist ein islamistischer Fundamentalist. Die USA führen ihn seit 2017 als „globalen Terroristen“ und verhängten Sanktionen gegen ihn wegen Verwicklungen innerhalb der Hisbollah und bei Anschlägen auf israelische und westliche Ziele.

Safi al-Dins Ideologie basiert vor allem auf einem: Antisemitismus. Er erkennt den Staat Israel nicht an, will ihn sogar auslöschen, wie die meisten extremistischen Mitglieder der Hisbollah. Wie „T-Online.de“ berichtet, erklärte er bei einer Rede in Beirut seine Solidarität mit den palästinensischen Kämpfern: „Unsere Geschichte, unsere Waffen und unsere Raketen sind auf eurer Seite.“

Hisbollah gleicht einem Trümmerhaufen

All das eint den neuen Anführer der Hisbollah und seinen Vorgänger Nasrallah. Politisch, ideologisch und strukturell trennt sie praktisch nichts. Einzig die Art und Weise des Auftretens macht Safi al-Din einzigartig: Er begann schon früh, sich bei öffentlichen Veranstaltungen zu zeigen – ganz anders als Nasrallah, der die Rolle als Strippenzieher im Hintergrund bevorzugte. 

Stimmung in Beirut nach Nasrallah-Tod

Sein Nachfolger ist medienaffiner, weiß sich selbst zu inszenieren, wenn er auf politischen oder religiösen Veranstaltungen auftritt. Doch ob Öffentlichkeitsarbeit reicht, um die Hisbollah wieder stark zu machen, ist fraglich. Kaum jemand kannte das Innenleben der Organisation bislang so gut wie Safi al-Din. Von diesem Innenleben ist aber nicht mehr viel übrig. Bei den Angriffen der israelischen Armee ist ein großer Teil der Führungsriege der Hisbollah getötet worden. Waffen, Munition, Raketen und Infrastruktur wurden zerstört. Die ehemals schlagkräftige Terrorgruppe gleich derzeit einem Trümmerhaufen. Auch wenn ihr neuer Anführer sie wieder ordnen kann – die Angriffe der israelischen Armee werden wohl so schnell nicht aufhören.

Quellen: t-online.de, mit Material der Agenturen