Ein Minister nannte die Sendung einen „Schmarrn“, die Moderatorin hatte am Anfang Angst: Dennoch ist „Bauer sucht Frau“ zum Phänomen geworden. Nun läuft die 20. Staffel. Zeit für eine Aufarbeitung.

Oft kommt es anders als man denkt, das ist in der Liebe so und auch – im Job. Als Inka Bause vor mehr als 20 Jahren von einem RTL-Mitarbeiter zum Essen eingeladen wurde und dieser ihr eine Sendung vorschlug, war es keine, mit der sie gerechnet hätte. „Ich komme eigentlich aus einer ganz anderen Ecke. Ich komme aus der Musik und habe Shows moderiert“, sagt Bause. Nun sollte sie Landwirten mit oft breitem Dialekt und Vorliebe für Wurststullen irgendwo in Niedersachsen oder Nordhessen helfen, eine Frau zu finden.

Heute sind aus dieser Sendung – RTL hat es nachgezählt – fast 50 Babys entstanden. „Bauer sucht Frau“ hieß das Format, das nunmehr seit rund zwei Jahrzehnten mehr oder minder erfolgreich Bauern (und seit 2009 auch Bäuerinnen) verkuppelt. Und das jetzt ein Jubiläum feiert: Am Montag (30. September, 20.15 Uhr, auf RTL+ schon vorab) beginnt bei RTL die 20. Staffel. An einen derart langen Atem hätte am Anfang kaum jemand geglaubt.

Auch Moderatorin Inka Bause, die immer noch dabei ist, erinnert sich an eine gewisse – tja – Anspannung in den ersten Tagen. Oder wie sie es ausdrückt: „Am Anfang hatte ich total Schiss.“ Wenn man sich die ersten Staffeln anschaue, spüre man das auch. „Da bin ich bei so knarzigen Typen auf dem Hof und ich wusste: Wenn die mich, die ich aus der Großstadt komme, hier nicht akzeptieren, schmeißen die mich achtkantig raus.“

„Scheunenfest“ und „Hofwoche“

Ursprünglich basierte das Format, das RTL dem Genre „Lovetainment“ zurechnet, auf einem britischen Original („Farmer Wants a Wife“). In Deutschland wurde es erstmals am 2. Oktober 2005 ausgestrahlt. 

Mittlerweile ist es so bekannt, dass jeder, der auch nur mal in die Nähe des RTL-Knöpfchens an seiner Fernbedienung gekommen ist, die Wörter „Scheunenfest“ und „Hofwoche“ kennen dürfte. Auch weil Bauses Bauern von Beginn an weit über ihre Gehöfte ausstrahlten – es gab Kritik, viel satirische Verwitzelung, Herzschmerz-Geschichten und sogar Erfolge in den Charts.

Der Ablauf: In einer Art Pilotfolge werden Landwirte vorgestellt, die die Liebe suchen. Danach trudeln Briefe von potenziellen Bewerberinnen ein. Aus diesen picken sich die Bauern dann Kandidatinnen aus, die sie zum „Scheunenfest“ einladen. Wer dort reüssieren kann, darf auf den Hof kommen – manchmal nur eine Kandidatin, manchmal auch mehrere. Letztere Variante stellt sich aber oft als recht heikel heraus. 

In der „Hofwoche“ bestreiten Landwirt und Auserwählte schließlich gemeinsam den Arbeitsalltag. Zu Szenen aus Schweineställen oder holzigen Bauernküchen läuft dann oft ein ziemlich blumiger Kommentar mit Rosamunde-Pilcher-Vokabular, der im Kontrast zu der mitunter gezeigten Tapsigkeit der liebestollen Landwirte steht.

Ein zufällig herausgepicktes Beispiel: Schweinebauer Torsten sitzt in der zweiten Staffel bei der Brotzeit und philosophiert vor Kandidatin Daniela (laut RTL „Hobby-Esoterikerin“) gefühlte Ewigkeiten über die Großartigkeit von Hack: „Bei Gehacktes gehört für mich ’ne frische Zwiebel, die ich selber gerade schneide. Dass sie noch nicht alt ist… Und öhm, das für mich also praktisch wie Schnitzel mit Pommes.“ 

Inka Bause dazu aus dem Off: „Gehacktes mit Zwiebeln als Festmahl. Ob sich Daniela das erste gemeinsame Essen anders vorgestellt hat?“ Das klingt nett. Und zugleich durchaus bedrohlich.

Inka Bause bekommt einen roten Hals

Nach dem Start echauffierte sich unter anderem der Deutsche Bauernverband. „In der Serie wird das Bild des unbeholfenen Bauerns transportiert“, kritisierte 2005 ein damaliger Sprecher. Viele Landwirte hätten sich beschwert. 2007 legte der damalige Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) nach: Die Sendung sei völlig realitätsfern. Sein Urteil in einem Interview mit Hit-Radio Antenne Niedersachsen: „Aus meiner Sicht ist das ein Schmarrn.“

Inka Bause wiederum kann sich ebenfalls in Rage reden, wenn man sie darauf anspricht. „Wer nicht begriffen hat, dass wir keine journalistische Sendung machen, der tut mir leid. Wir machen Unterhaltung und keine Dokumentation über das Landleben“, sagt sie. „Wenn ein molliger Bauer mit seiner Frau unfassbar gerne in den Wellness-Bereich gehen will, dann organisieren wir das, damit wir realistische Bilder kriegen und ihm nebenbei einen Wunsch erfüllen“, erklärt sie. Man forciere es aber nicht und führe niemanden vor. 

Man höre sich an, was die Bauern für Vorstellungen hätten. Und dann sei es auch mal der „Wellnesstempel“. „Der hatte vorher noch nie in einem Jacuzzi gelegen. Aber er wollte dabei gefilmt werden, wie er mit einer Frau in einem Jacuzzi liegt“, erzählt Bause. Sie finde es „abstoßend“, darauf mit Nase-Rümpfen zu reagieren. „Da kriege ich jetzt schon wieder einen roten Hals.“

Zu ihren Bauern hält sie den Kontakt. Einige wurden sehr bekannt, auch mit ihren Frauen. Etwa der „fromme Milchbauer“ Josef und die Thailänderin Narumol. Oder Schäfer Heinrich, der eine Karriere als Ballermannsänger begann. „Wenn ich erfahre, dass ihm schon wieder irgendeine Scheune abgebrannt ist, rufe ich ihn an und frage ihn, wie es ihm geht“, sagt Bause. Aktuell habe er wieder Probleme – mit der Blauzungenkrankheit bei seinen Schafen.