Als BKA-Fallanalytikerin Gloria Acheampong ermittelt Thelma Buabeng in Nordfriesland. Im dpa-Interview erkennt die Schauspielerin Parallelen zwischen ihrer Rollenfigur und sich selbst.
Das ZDF bringt einen neuen Krimi aus dem hohen Norden an den Start. Die afrodeutsche Schauspielerin Thelma Buabeng („Nachtschicht“) spielt eine Fallanalytikerin namens Gloria Acheampong. Deren erster Fall am Montag (30. September) um 20.15 Uhr spiekt in Nordfriesland und dreht sich um Gewalt gegen Frauen. Mehrere Opfer sind spurlos verschwunden.
Wenigstens für zwei nachgewiesene Morde wurde Rudi Butscher (Burgtheater-Star Nicholas Ofczarek) rechtskräftig verurteilt – obwohl er seine Unschuld beteuert. Und dann passiert ein weiterer Mord. Nahe einer Brücke wird der Körper einer Prostituierten aus Ghana aus dem Wasser gezogen. Umgebracht scheinbar nach demselben Muster wie die Opfer Butschers. Er kann nicht der Täter sein, sitzt er doch im Lübecker Gefängnis in Isolationshaft. Bei „Die Polizistin und die Sprache des Todes“ hat Krimi-Experte Lars Becker („Nachtschicht“) Regie geführt.
Clevere Ermittlerin mit Wärme und Humor
Gloria Acheampong, selbstbewusste Sonderermittlerin und Fallanalytikerin vom Bundeskriminalamt (BKA) in Kiel hat einen Abschluss der US-Uni Stanford. Zudem sie hat sich im Polizeiapparat als alleinerziehende Mutter und afrodeutsche Frau behauptet. Acheampong stammt ebenfalls aus Ghana.
Ihre Ermittlungen an der dänischen Grenze nimmt die Mitvierzigerin souverän in die Hand, arbeitet dabei kollegial mit Dorfpolizisten wie Pieper Olsen (Artjom Gilz, „Die Whistleblowerin“) zusammen. Mit dem ihr eigenen Scharfsinn erkennt sie bald, dass es sich diesmal keineswegs um dasselbe Mord-Strickmuster handelt – schließlich wurde das Opfer nicht vergewaltigt.
Die Titelheldin Acheampong ist eine der wenigen schwarzen Ermittlerinnen des Primetime-Fernsehens in Deutschland – nach etwa Florence Kasumbas „Tatort“-Kommissarin Anais Schmitz, die von 2019 bis 2024 an der Seite von Maria Furtwängler alias Charlotte Lindholm in Göttingen agierte (ARD). Die in Ghana geborene und in Berlin lebende Buabeng hat in ihrer „Polizistin“ einen überaus sympathischen Charakter geschaffen. Denn die Ermittlerin besticht bei aller Cleverness durch Gelassenheit, Wärme und Humor.
Früher oft Sklavinnen oder Putzfrau gespielt
„An dem Punkt, an dem wir sie kennenlernen, ist sie sich ihres Jobs und ihrer Fähigkeiten sicher“, erklärt die Schauspielerin (43) im dpa-Interview. Und fügt hinzu: „Sie versucht einfach, an ihre Aufgaben mit einer großen Souveränität heranzugehen. Und das bin auch ein bisschen ich.“
Auch ihr Weg als Künstlerin sei mit vielen Hürden belastet gewesen, sagt Buabeng, die mit ihrer Familie 1984 nach Deutschland kam und im Rheinland aufwuchs. „Viele haben mir gesagt, das wird nichts, man schafft es als schwarze Schauspielerin nicht in Deutschland. Tatsächlich wurde ich früher vor allem als Sklavin, Dienerin und Putzfrau eingesetzt. Doch ich habe niemals aufgeben.“
TV-Pädagogischer Einsatz für Integration
Wie ist es überhaupt zu dem Film-Projekt gekommen? „Mit Lars habe ich schon ein paar Mal gedreht – etwa in seiner ZDF-Krimireihe „Nachtschicht‘“ Und wir beide wollten gern wieder gemeinsam etwas zu machen.“ So habe der Autor und Regisseur Becker das Skript eigens für sie geschrieben, erzählt Buabeng, die auch schon am Theater und als Comedienne Erfolge feierte, noch immer spürbar erfreut.
Als schwarze Ermittlerin in der Provinz, in der auch hier weitere Menschen mit Migrationshintergrund leben, hat ihre Acheampong es nicht leicht. Von fremdenfeindlichen Einheimischen wird sie geradewegs abgelehnt. „Die soll’n vom BKA jemand anderen schicken“, motzt etwa der Bürgermeister Johnny Schippers (Michael Lott) vor Pieper. Dabei ist es nicht zuletzt sein Sohn Kevin (Enno Trebs), der Dreck am Stecken hat.
Der atmosphärisch starke Film, zu dem laut ZDF, wenn die Quote stimmt, bereits eine Folgegeschichte angedacht ist, hat eine stark erzieherische Seite. Dazu Regisseur Becker (70): „Die stereotypen und vorurteilsbelasteten Narrative zu brechen, heißt, nicht nur die gesellschaftliche Realität als Einwanderungsland zu zeigen, wo es viele geschafft haben, sondern – visionär – wo sich diese Frage gar nicht mehr stellt.“
In diesem gesellschaftspolitischen Zusammenhang sagt die Hauptdarstellerin der dpa: „Ich wünsche mir, dass alles ein bisschen normaler wird. Dass es im Fernsehen mehr Diversität gibt, die unsere Gesellschaft abbildet. Denn wir Migranten sind ja nicht erst seit gestern hier.“
Film