Mit dem Herbst hat die Thermen-Zeit begonnen. Nach Pandemie und Energiekrise wird mancherorts kräftig investiert.

Corona-Pandemie, Energiekrise und Inflation haben auch den Kurorten und Heilbädern in Hessen zugesetzt. Doch die Branche ist im Aufwind, wie der Hessische Heilbäderverband mitteilt. Indikator dafür seien die Übernachtungszahlen, sagt Verbandsgeschäftsführerin Almut Boller. 

In den ersten sieben Monaten des Jahres 2024 seien rund 5,5 Millionen Übernachtungen gezählt worden – 130.000 mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. „Damit setzt sich die Erholungsphase der Heilbäder und Kurorte nach den Herausforderungen der vergangenen Jahre fort“, teilt der Verband mit.

Mitglied sind 30 Heilbäder und Kurorte mit ihren Thermen, Bädern und Kurparks. Vergangenes Jahr zählte der Verband dort 662 Betriebe mit rund 56.000 Schlafgelegenheiten. Angepeilt werden für das Gesamtjahr 2024 etwa 9,5 bis 9,6 Millionen Übernachtungen. Kommendes Jahr soll der Vor-Corona-Wert von zehn Millionen wieder erreicht werden. 

Wellness-Angebote wichtig

Jetzt in der beginnenden kühleren Jahreszeit hoffen die Städte und Betreiber auch auf viele Besucherinnen und Besucher, denen es um Wellness geht. Dazu braucht es attraktive Thermen und Gesundheitsbäder. Stellenweise sind hier hohe Investitionen geplant. 

Um 200 Millionen Euro geht es in Bad Vilbel. Die geplante riesige Thermenwelt verzögert sich bereits seit Jahren. Der Bauantrag liegt beim Wetteraukreis. Nach Angaben eines der beiden Investoren, der in Wien ansässigen Therme-Group, werden noch offene Rückfragen geklärt. „Einen konkreten Zeitrahmen für den Baubeginn können wir erst nach Erteilung der Baugenehmigung festlegen“, antwortet das Unternehmen auf Anfrage – und äußert sich generell optimistisch: Nach der Pandemie sei die Nachfrage höher als je zuvor. 

Thermen als Besuchermagnet

Die Stadt setzt viele Hoffnungen in den Neubau. Denkbar seien Kombi-Angebote mit Veranstaltungen wie etwa den Burgfestspielen, sagt ein Sprecher der Stadt. Es bestehe die Chance, dass Besucherinnen und Besucher der Therme auch die Stadt kennenlernten – und wiederkämen.

Andernorts im Wetteraukreis läuft die Investorensuche noch: Bad Salzhausen, ein Stadtteil von Nidda, will einen Neubau als Ersatz für die geschlossene Therme. Das Ausschreibeverfahren läuft, im November könnte es nach Auskunft der Stadt Neuigkeiten geben. 

Mit 47 Millionen Euro hat Bad Nauheim (ebenfalls Wetteraukreis) kräftig investiert: Ende vergangenen Jahres eröffnete die neue Sprudelhof-Therme. Auch hier waren nach Stilllegung und Abriss der alten Therme Jahre vergangen. Bisher seien alle Erwartungen erfüllt, sagt Bürgermeister Klaus Kreß (parteilos). Es gebe zahlreiche, durchgängig positive Rückmeldungen. Mit Vorfreude blicke die Stadt auf die im Spätherbst anstehende Anbindung eines historischen und frisch sanierten Badehauses. Entstehen werde eine der schönsten Thermen Deutschlands, ist sich Kreß sicher.

Hohe Investition auch in Willingen

Im nordhessischen Willingen (Landkreis Waldeck-Frankenberg) fließen voraussichtlich 46 bis 48 Millionen Euro in den Neubau des dortigen Lagunen-Erlebnisbads. Das Bad sei ein zentraler Bestandteil der touristischen Infrastruktur in der Gemeinde, sagt Willingens Tourismusdirektor Norbert Lopatta. Man erwarte jährlich 230.000 bis 250.000 Besucher. 

Eröffnen soll das Erlebnisbad Anfang kommenden Jahres. Aufgrund der Witterung beziehungsweise des laufenden Baufortschritts könne es aber auch später werden, sagt Lopatta. Geführt werde es vom gemeindeeigenen Kurbetrieb. 

Geplant sind neben der Badelandschaft unter anderem eine große Saunawelt, ein Floatingbecken mit sehr hohem Salzgehalt sowie zwei Gradierwerke, in denen salzhaltige Luft eingeatmet werden kann. „Das Bad wird mit Natursole als Solebad ausgestattet, der Salzgehalt wird bei ca. 3,5 Prozent liegen – in etwa vergleichbar mit der Nordsee“, erläutert Lopatta.

„Insgesamt betrachtet ist es eine sehr hohe Investition, die aber durchaus gerechtfertigt ist“, sagt er. Willingen brauche ein funktionierendes und modernes Bad, dass allen Einheimischen und Gästen gerecht werde. Der Ort zählt dem Tourismusdirektor zufolge jährlich mehr als 400.000 Übernachtungsgäste mit über 1,2 Millionen Übernachtungen pro Jahr und zusätzlich etwa 4 Millionen Tagesgäste. „Ein weiterer Aspekt ist, dass im Umkreis kein ähnliches Angebot vorhanden ist, so dass für die lokalen und regionalen Besucher Willingen wieder als Tagesausflug interessanter wird.“

Nicht überall geht es um Millionen: Bad Schwalbach im Taunus etwa plant keine größeren Investitionen. Mit einer über 450-jährigen Geschichte sei man einer der ältesten Kurorte überhaupt, sagt Kurdirektor Markus Oberndörfer und erläutert: „Wir haben nur noch eine Wanne für Mineralbäder und eine Wanne für Moorbäder.“ Das Moor werde zudem in einer physiotherapeutischen Praxis als Packung abgegeben. 

Bad Schwalbach wolle weiter Heil- und Moorbad sowie Kneipp-Kurort bleiben, ergänzt der Kurdirektor. Die Kliniken seien ausgelastet, es gebe einen großen Bedarf an psychosomatischen Therapieplätzen.