Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag in Karlsruhe mit einer Verhandlung über die Verfassungsbeschwerden von 22 Ökostromerzeugern begonnen. Sie wenden sich gegen die Abschöpfung eines Teils ihrer Gewinne im Rahmen der inzwischen ausgelaufenen Strompreisbremse. Das Gericht will sich unter anderem mit der Funktionsweise des Strommarkts befassen, wie Gerichtspräsident Stephan Harbarth in seiner Einführung ankündigte. (Az. 1 BvR 460/23 und 1 BvR 611/23)

Wegen des Ukraine-Kriegs und ausbleibender Gaslieferungen aus Russland waren die Energiepreise in die Höhe geschossen. Besonders Gas wurde teurer. Auch Betreiber von Anlagen zur Stromproduktion aus anderen Energiequellen konnten ihre Gewinne so enorm steigern. Denn auf dem Strommarkt gilt das Merit-Order-Prinzip: Der Preis wird durch das am teuersten produzierende Kraftwerk bestimmt.

Die Bundesregierung reagierte mit der Ende 2022 beschlossenen Strompreisbremse. Diese deckelte für Privathaushalte und kleine Firmen für 80 Prozent des Jahresverbrauchs den Kilowattstundenpreis auf 40 Cent. Für Industriekunden gab es eine Deckelung von 13 Cent zuzüglich Steuern, Abgaben und Umlagen für 70 Prozent des Verbrauchs. Für die Kosten oberhalb der Preisbremse sprang der Staat ein.

Zur Finanzierung wurden übermäßige Gewinne am Strommarkt zwischen Dezember 2022 und Ende Juni 2023 abgeschöpft. Ende vergangenen Jahres lief die Preisbremse aus.

Die Ökostromerzeuger, die sich an das Verfassungsgericht wandten, halten den Abschöpfungsmechanismus für nicht vereinbar mit dem Grundgesetz. Sie betreiben Anlagen für Windkraft, Sonnenenergie oder Biomasse und argumentieren, dass sie keine besondere Verantwortung für die Entlastung der Stromverbraucher treffe.

Das sei vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die aus Steuermitteln finanziert werden müsse. Die hohen Stromkosten seien gerade nicht durch erneuerbare Energien entstanden, sondern vor allem durch Gaskraftwerke, die aber von der Abschöpfung ausgenommen worden seien.

Das Gericht will in der Verhandlung „das Verständnis der maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Fragen, insbesondere auch der Funktionsweise des Strommarktes und der insoweit maßgeblichen fachrechtlichen Bestimmungen vertiefen“, wie Harbarth erläuterte. 

Ein Urteil wird am Dienstag noch nicht erwartet. Es fällt meist einige Monate nach der mündlichen Verhandlung.