Trotz Vorbehalten aus Berlin geht die Union in Erfurt den nächsten Schritt für eine Regierungsbildung mit der Wagenknecht-Partei. Die Risiken sind enorm.

Die Thüringer CDU will offizielle Sondierungsgespräche mit dem BSW und der SPD aufnehmen. Nach Informationen des stern aus Parteikreisen planen Landesvorstand und Landtagsfraktion, diesen Schritt am Montagnachmittag zu beschließen. CDU-Landesparteichef Mario Voigt werde den Gremien einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten, heißt es. Die Entscheidung soll am Abend verkündet werden. Erklärtes Ziel sei eine Regierungsbildung, hieß es.

Voigt hatte in den vergangenen Wochen bereits bilateral Gespräche mit der BSW-Landeschefin Katja Wolf und dem SPD-Landesvorsitzenden Georg Maier geführt. Dabei sei in vielen Politikfeldern Einigkeit erzielt worden, heißt es übereinstimmend. Die Gremien von BSW und SPD tagen am Montagabend, um ihrerseits Sondierungen zu beschließen. Die Gespräche sollen frühestens am Freitag beginnen. Für Donnerstag ist die Konstituierung des Landtags geplant.

Kolumne Nahost 5 12.05

Die Bundesspitze der CDU schaut kritisch auf die Verhandlungen. Parteichef Friedrich Merz hatte zuletzt eine Koalition mit dem BSW in Sachsen und Thüringen als „sehr, sehr unwahrscheinlich“ bezeichnet. Denkbar sei womöglich eine Duldung oder andere Formen der Zusammenarbeit, sagte er.

Aber nicht nur die CDU-Spitze bremst. Auch die BSW-Führung fürchtet, dass zu große Kompromissbereitschaft in den Ländern den radikalpopulistischen Kurs in Berlin unterlaufen könnte. Voigt hat sich deshalb bereits mit der BSW-Vorsitzenden Sahra Wagenknecht getroffen. Die Parteigründerin verlangt, dass eine künftige Landesregierung sich für einen Waffenstillstand in der Ukraine einsetzt und gegen die Stationierung zusätzlicher US-Raketen in Deutschland ausspricht.

STERN PAID 37_24 BSW Wagenknecht 12.05

Für Merz ist das wiederum unvorstellbar. Sobald „über Krieg und Frieden Verabredungen getroffen werden, die uns zu Liebedienern Russlands machen wollen und unsere Bindung an die Nato und die USA in Frage stellen, ist die Grenze überschritten“, sagte er zuletzt der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Denn dann gehe es „um den Kern unserer Staatsräson“.

Eine weitere Schwierigkeit für die Sondierungen: CDU, BSW und SPD kommen gemeinsam nur auf 44 Sitze im Thüringer Landtag – und damit auf genauso viele Mandate wie AfD und Linke zusammen. Das heißt: Um das Patt zu überwinden, müssten sich Linke-Abgeordnete bei der Wahl des Ministerpräsidenten und späteren Gesetzbeschlüssen mindestens enthalten. Der noch amtierende Linke-Regierungschef Bodo Ramelow hat allerdings bereits angekündigt, einer Wahl Voigts nicht im Weg stehen zu wollen.