Dortmunds Debakel wirft Fragen auf. Trainer und Sportchef kritisieren die Spieler nach der Klatsche in Stuttgart scharf. Nuri Sahin drohen schon früh ähnliche Diskussionen wie Vorgänger Edin Terzic.

Schlagartig ist richtig Druck drauf bei Borussia Dortmund. Das Heimspiel gegen den VfL Bochum am Freitag (20.30 Uhr/DAZN) muss der BVB gewinnen, soll rund um den achtmaligen deutschen Fußball-Meister nicht gleich die nächste Diskussion über das große Ganze entflammen. Das 1:5 (0:2) beim VfB Stuttgart war der erste Rückschlag für den neuen Cheftrainer Nuri Sahin – und gleich ein gewaltiger. „Sehr, sehr schnell“ müsse man aus der Abreibung beim Vizemeister lernen, forderte Sportdirektor Sebastian Kehl. Es gilt, die ersten Zweifel des Umfelds am eingeschlagenen Weg direkt im Keim zu ersticken.

Trainer Sahin kritisiert „Nicht-Leistung“

„So kannst du nicht auftreten“, sagte Sahin nach seiner ersten Niederlage im sechsten Pflichtspiel als BVB-Cheftrainer. „Knallhart“ werde er die „Nicht-Leistung“ der Mannschaft analysieren, kündigte der 36-Jährige an. „Wenn wir häufiger solche Leistungen abliefern, werden wir mit unseren Zielen nichts zu tun haben“, meinte Sportchef Kehl. 

Die Bosse traten nach der erstaunlich blutleeren Vorstellung ihrer Spieler am Sonntag bewusst wortgewaltig auf. Sie wissen: Im Idealfall war die Klatsche in Stuttgart nur ein Ausrutscher. Folgt gegen Bochum keine entsprechende Reaktion, wird es aber vermutlich richtig ungemütlich.

Schon fünf Punkte hinter den Bayern

Ganz Dortmund lechzt nach dem ersten Titel seit dem Gewinn des DFB-Pokals 2021. Nach der tragisch verpassten Meisterschaft 2023 und dem verlorenen Champions-League-Finale in diesem Jahr wurde der x-te Neustart eingeleitet. Rein ergebnistechnisch lief es unter Sahin zunächst gut an. Nach der Packung beim VfB liegt die Borussia in der Liga plötzlich aber schon fünf Punkte hinter Tabellenführer FC Bayern München. Wie stark ist sie wirklich?

Man müsse nach dem vierten Spieltag nicht „alles in Schutt und Asche reden“, meinte Kehl. Es sei allen klar, dass der unter Sahin im Sommer angestoßene Entwicklungsprozess auch ein bisschen Zeit brauche. Dennoch müsse man den Auftritt in Stuttgart „klar ansprechen“. Vor allem das Zweikampfverhalten der Dortmunder hatte Kehl und Sahin übel aufgestoßen.

Nur gegen Heidenheim wirklich überzeugend

Der VfB war der erste echte Gradmesser für die Schwarz-Gelben in dieser Saison – und direkt eine Nummer zu groß. Da erscheinen mit einem Mal auch die vorherigen Auftritte in einem anderen Licht. Wirklich überzeugt hat der BVB bislang nur selten. Gegen Frankfurt (2:0) und beim Champions-League-Auftakt in Brügge (3:0) rettete Joker Jamie Gittens die Dortmunder jeweils per Doppelpack. In Bremen (0:0) blieben sie viel schuldig, einzig gegen Heidenheim (4:2) begeisterten sie phasenweise.

Von möglicher Müdigkeit vier Tage nach dem Königsklassen-Start wollte Sahin in Stuttgart nichts wissen. „Man kann Millionen Ausreden finden, aber keine gilt“, sagte er trotzig. Eine Vielzahl an Fragen dürfte jedoch auch auf den jungen Coach zukommen, sollten die einzelnen Rädchen in seinem System nicht zeitnah besser ineinander greifen.

Sahin drohen ähnliche Diskussionen wie Terzic

Profis wie Verteidiger Nico Schlotterbeck und Mittelfeldspieler Marcel Sabitzer auf für sie ungewohnte Positionen zu schieben oder den für knapp 30 Millionen Euro aus Hoffenheim geholten Nationalstürmer Maximilian Beier regelmäßig auf die Bank zu setzen. Das sind Entscheidungen, die zeigen, dass Sahin von sich überzeugt und auch nicht konfliktscheu ist. Es sind aber auch Entscheidungen, die einem Trainer schnell um die Ohren fliegen können.

Vorgänger Edin Terzic, genau wie Sahin ein Borusse durch und durch, hatte es trotz teils beachtlicher Erfolge nie geschafft, das Umfeld vollumfänglich davon zu überzeugen, dass er nicht nur ein Fan, sondern auch der richtige Chefcoach für den Club ist. Nun probiert sich Sahin daran. Es herrscht neue Hoffnung beim BVB – und doch droht wieder die alte Leier.