Nach fast zehn Jahren Bildschirmpause ist Stefan Raab wieder im Geschäft. Schon in der kommenden Woche geht es bei RTL+ los. Seinem neuen Arbeitgeber hat er klargemacht: Billig wird diese Show nicht.

Fast ein Jahrzehnt war er von der Bildfläche verschwunden: Stefan Raab ist zurück im deutschen Fernsehen. „Ich hab‘ mir überlegt: Ich mach‘ wieder Shows“, sagte der Entertainer am Samstagabend auf RTL live vor fast sechs Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern in die Kamera. Er habe sich mit RTL auf einen Fünf-Jahres-Vertrag geeinigt. „Was würden Sie machen, wenn Ihnen jemand sagt: Sie können die Nummer zwei nach dem „Bachelor“ werden?“, scherzte der 57-Jährige, der eigentlich seit 2015 im Ruhestand war. 

So sieht er jetzt aus: Sixpack und weiße Haare

Die neue Sendung soll den Namen „Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab“ tragen und am Mittwoch um 20.10 Uhr beim Streamingdienst RTL+ laufen. Es handele sich sozusagen um „die erste Entertainment-Quiz-Competition-Hybrid-Show der Welt“, formulierte es Raab. Darin sei alles zu sehen, was er beherrsche. Unter anderem werde er auch das Geschehen der Woche „sezieren“. Jede Woche werde es eine Million Euro zu gewinnen geben. Das klingt ein wenig nach einer Mischung aus „TV total“ und „Schlag den Raab“, zwei seiner alten Formate aus früheren Fernseh-Tagen. Raab überraschte viele Fans mit seinem neuen Look: gut in Form mit Muskeln und Sixpack, aber inzwischen weißhaarig.

„Ich mache es, um mich selbst zu unterhalten“ 

„Ich mache es auch ein bisschen, (…) um mich selbst zu unterhalten“, sagte der routinierte Show-Erfinder, der erst einst bei Viva und dann bei ProSieben Karriere gemacht hat, bis er sich 2015 in den Produktionsbereich zurückzog. Raab deutete an, dass er sich bei Machart und Ausgaben für neue Sendungen keine engen Grenzen setzen lasse.

Er habe RTL in den Verhandlungen klargemacht: „Ich möchte die gewisse Freiheit haben, die ich brauche, um das zu machen. Und heute wird überall im Fernsehen zusammengestrichen und reingeredet. Und alles muss kleiner werden. Keiner will mehr große Shows machen.“ Mit RTL habe er in dieser Frage jedoch eine „übereinstimmende Philosophie gefunden“.

Frontal-Angriff auf die eigene Schöpfung

Bis Samstagabend war unklar, ob sein Schaukampf gegen Ex-Boxweltmeisterin Regina Halmich in Düsseldorf eine einmalige Rückkehr von der Bildschirmpause sein sollte. Erst gegen 23.30 Uhr stand fest: Der Fight, bei dem der Kölner zum dritten Mal eine deutliche Niederlage gegen die Karlsruherin einsteckte, war nur das quotenstarke Rahmenprogramm für seine Wiedergeburt als Entertainer auch vor der Kamera. Zugleich stellte er alle anderen TV-Sender in den Schatten. Mehr als die Hälfte des jungen Publikums (14 bis 49 Jahre) war dabei. In der Spitze schalteten bis zu 7,54 Millionen Leute (bis zu 36,9 Prozent Marktanteil) Raab ein.

Raab – der jahrelang den Konkurrenten ProSieben mit seinen Sendungen prägte – wird nun ein festes RTL-Gesicht. Geplant seien im Fünf-Jahres-Vertrag unter anderem „verschiedene aufsehenerregende Primetime-Shows“, teilte RTL mit.

Der Sendetag seiner neuen Show hat zugleich eine gewisse Brisanz, auch wenn Raab nun im Netz zu sehen sein wird. Der Mittwochabend ist auch der Sendeplatz von „TV total“ bei ProSieben – Raabs eigener Erfindung und früherer Erfolgs-Show, nun moderiert von Sebastian Pufpaff. 

Raab steigt von der Himmelstreppe zu seinen Jüngern herab

Für diese Rückkehr hatten der Moderator und seine Leute dramaturgisch eine der raffiniertesten PR-Kampagnen entworfen, die das deutsche TV je gesehen hat. Rund um Ostern hatte Raab das Comeback in kleinen Internet-Clips angedeutet und erklärt, er wolle noch einmal gegen Halmich boxen – wie schon 2001 und 2007. 2001 brach ihm Halmich dabei die Nase. Diesmal klagte Raab nach der Auseinandersetzung „über einen kleinen Rippenschaden“.

Der „Raabinator“ ließ sich auch am Samstag Zeit. Um kurz nach 22.00 Uhr und nach reichlich Rückblicken auf alte Raab-Shows war es dann so weit – und der einstige Metzger-Lehrling ließ sich nahezu religiös von seinem Publikum empfangen. Nach einem Countdown schob sich eine Show-Treppe aus der hohen Hallendecke, die vom Himmel herabzuführen schien. Danach schwebte Fitness-Influencerin Pamela Reif als Engel an Halteseilen über das Publikum und sang die Hymne: „Stefan Raab ist zurück.“

Das Mett ist bestellt

Raab selbst stieg daraufhin genüsslich langsam in weißem Anzug und weißem Umhang die ewig lange Himmelsleiter zu pathetischer Musik hinab und schien das Licht im Raum gottgleich unter Kontrolle zu haben. Mit den beiden Rappern Sido und Ski Aggu sang er seinen neuen Boxkampf-Song „Pa aufs Maul“. Halmich deutete das wohl als Aufforderung: Sie gewann den Kampf, in dem Raab bisweilen ziemlich schnaufte, klar nach Punkten. Er soll der letzte zwischen den beiden gewesen sein.

„Ich habe zehn Kilo abgenommen, ich habe nur Hähnchen und Salat gegessen – für morgen früh aber schon Mett gekauft“, berichtete Raab über seine Vorbereitungen. Zudem habe er „einfach hart trainiert. „Im Wesentlichen habe ich alleine die ersten vier Monate nur am Sack trainiert.“ Dazu reichlich Versteckspiel. Denn klar: Hätte ihn vorher irgendwer gesehen oder gar gefilmt, wäre der ganze Zauber dahin gewesen. „Ich bin nicht viel rausgegangen“, berichtete Raab. Er habe sich nur zwischen der Firma und Orten bewegt, zu denen er hin und wieder mal hingemusst habe. „Aber ich bin natürlich nicht in den Supermarkt gegangen.“