Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik nicht als Staat an. Der Kontakt mit ihnen ist für Behörden oft schwierig. Handlungsempfehlungen sollen Verwaltungsmitarbeitern den Umgang erleichtern.

Sie erkennen die Bundesrepublik nicht als souveränen Staat an und machen Verwaltungen das Leben schwer – vom regelmäßigen Kontakt mit sogenannten Reichsbürgern und Selbstverwaltern berichten auch Behörden in Mecklenburg-Vorpommern. „Vielschreiberei“ ist laut Schweriner Innenministerium ein typisches Verhalten der Szene. Aufforderungen Steuern, Abgaben oder etwa Bußgelder zu zahlen beantworteten sie mit „mit wortreichen Schreiben“, teils auch mit Drohungen.

Die Zahl der erfassten Menschen sei auf Bundesebene und in Mecklenburg-Vorpommern seit der Beobachtung durch den Verfassungsschutz stetig gestiegen. Laut Ministerium werden der Szene in Mecklenburg-Vorpommern etwa 690 und bundesweit etwa 25.000 Menschen zugerechnet. Zu Konflikten kommt es nach Angaben von Städten und Kreisen vor allem, wenn Vertreter der Szene zur Kasse gebeten werden, etwa in Form von Bußgeldern. Die Häufigkeit der Konflikte entwickelt sich regional unterschiedlich.

Verdopplung der Fälle in Greifswald

In den beiden kreisfreien Städten, Rostock und Schwerin, ist eher von einer Abnahme die Rede. Die Landkreise Rostock, Vorpommern-Rügen sowie die Städte Wismar und Stralsund können zumindest nicht von einer Zunahme berichten. Anders sieht es laut dortiger Verwaltung etwa in Greifswald aus. Bereits jetzt seien doppelt so viele Fälle mit Reichsbürgern an den Verfassungsschutz gemeldet worden wie im Vorjahr. Auch die Landkreise Ludwigslust-Parchim, Vorpommern-Greifswald und Mecklenburgische Seenplatte berichten von einer zunehmenden Tendenz.

Die Verwaltungen unterstützen ihren Mitarbeiter vielerorts mit Schulungen oder Handlungsempfehlungen. In Vorpommern-Rügen sind etwa Gesprächsführung, Information und Aufklärung über die sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter, Umgang mit Konfliktsituationen, Auftreten in sozialen Medien oder Risikoabschätzung Inhalt der Schulungen. Mitarbeiter sollen sich nicht in Diskussionen verwickeln lassen, Gespräche möglichst nicht allein führen und versuchen, zu deeskalieren. Sofern die Schwelle der Strafbarkeit überschritten wird, werde Anzeige erstattet, heißt es auch von anderen Verwaltungen.

„Notorische Nörgler“

Vorpommern-Greifswald berichtet von drei bis fünf entsprechenden Kontaktaufnahmen in der Woche. Vor zwei Jahren seien es noch ein bis zwei gewesen. 80 Prozent der Schreiben richteten sich gegen erlassene Bußgelder – größtenteils aus dem Straßenverkehr. Etwa zehn Prozent versuchten, ihre Ausweisdokumente abzugeben, beziehungsweise für ungültig erklären zu lassen. In den restlichen Fällen handle es sich um „notorische Nörgler, die mit zumeist aufwendig aufbereiteten Dokumenten ihren Unmut gegenüber den Gesetzen der BRD zum Ausdruck bringen“. Die Dokumente enthielten oftmals falsch dargestellte geschichtliche Tatsachen und ließen überwiegend eine politische Gesinnung erkennen.

Laut Schweriner Innenministerium geraten sogenannte Reichsbürger auch in Polizeikontrollen immer wieder mit den Beamtinnen oder Beamten in Konflikte, da diese in deren Weltsicht nicht weisungsbefugt sind und einen Staat vertreten, den sie nicht anerkennen. In solchen Situationen komme es auch zu körperlichem Widerstand.

Gebiets- und Geschichtsrevisionismus

Ein Erlass des Landes weist Kommunen an, Vorkommnisse mit sogenannten Reichsbürgern zu melden. Laut aktuellem Verfassungsschutzbericht MV ist der Gebiets- und Geschichtsrevisionismus bei ihnen sehr ausgeprägt. Sie beriefen sich auf den Fortbestand des historischen Deutschen Reiches in seinen Grenzen von 1871. „Dabei betrachten sie es als ihre Pflicht, untergegangene Staatsformen zu reaktivieren, da sie sich weiterhin als Bürger dieses Reiches sehen. Damit einher geht die Ablehnung der parlamentarischen Demokratie.“

Selbstverwalter argumentierten fälschlicherweise unter anderem, dass eine UN-Resolution es ihnen ermöglichen würde, in die Selbstverwaltung einzutreten. Von der Gründung von „Fantasiestaaten“ ist die Rede.