Diesmal muss das Wiener Kommissar-Duo Eisner und Fellner in eine ihm absolut fremde Welt abtauchen. Die zwei ermitteln unter Rappern und sind abgestoßen vom Milieu und dem Sound. Doch das ändert sich.
Die beiden Kommissare können mit der Szene überhaupt nichts anfangen. „Das ist ja alles komplett aus der Zeit gefallen. Sexistische Texte, aufgeblasene Muskelkasperl, teure Autos und nennen sich gegenseitig „Hurensohn“.“ Major Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) kann über die Gangsterrapper, ihre Songs und ihre Texte nur den Kopf schütteln.
Auch Adele Neuhauser ist privat wie in der Rolle als Bibi Fellner nicht gerade ein Fan des oft zornigen Sprechgesangs. Ihre TV-Figur könne „diese Musik kaum ertragen, ebenso wie ich persönlich“, hat Neuhauser im ARD-Interview gesagt. Doch diese Fremdheit wird im „Tatort“ aus Österreich („Deine Mutter“, 15.9., 20.15 Uhr, Das Erste) zum großen Pluspunkt, die Hip-Hop-Musik zum letztlich eingängigen Soundtrack, der selbst die Ermittler tanzen lässt.
War der Beef nur ein Fake?
Einer der Stars dieser Musikszene ist Ted Candy – in der Rolle hat der österreichische Rapper Aleksandar Simonovski alias Jugo Ürdens sein Film-Debüt. Candy wird nach einem Konzert erschlagen in einer Wiener Tiefgarage gefunden. Der Verdacht fällt auf den Manager seines Labels, Akman 47 Onur (Murat Seven). Der Rapper wollte angeblich den Produzenten wechseln. Ein Mord aus Wut über diesen Schritt? Oder war der öffentliche Streit, in Jugendsprache „Beef“ genannt, zwischen Musiker und Manager doch nur ein Fake, der den Umsatz ankurbeln sollte? Spielte die Homosexualität des Opfers und sein vor den Fans geheim gehaltenes Beziehungsleben eine Rolle? Auch im Vorleben der traurig-lasziven Mutter des Toten (Edita Malovcic) als Prostituierte ergeben sich Spuren, die das Ermittler-Duo zum Täter führen könnten.
Im Club gedreht
Regisseurin Mirjam Unger kennt die Hip-Hop-Szene aus dem Effeff. Das tut der Inszenierung gut. Die ehemalige Musik-Journalistin weiß um die Vielfalt und die Bedeutung der Szene. Die „Protagonistinnen und Protagonisten sind Stars mit den unterschiedlichsten Stilen, Attitüden und Haltungen.“ Die Bilder aus einem seit den 1990er Jahren bekannten Wiener Musikclub wirken auch deshalb authentisch, weil neben Jugo Ürdens auch der österreichische Indie-Star Kiara Hollatko alias Keke und der deutsche Rapper Francis Ayozieuwa alias Frayo 47 auftreten. Letzterer verkörpert den Nachwuchs-Rapper Bashir Ahmadi. Der hasste Candy, weil er schwul gewesen sei und nicht authentisch. „Ich habe die Scheiße erlebt, über die ich rappe“, sagt Bashir selbstbewusst.
Aus Zumutung wird „geiler Shit“
Alle Musiker sollten und wollten mitspielen. „Also haben wir ihnen in Crashkursen vermittelt, was es bedeutet, vor der Kamera zu stehen“, sagt Unger. Einen Crashkurs gab es aber nicht nur für die Film-Laien. Auch die Filmprofis mussten in die Lehre gehen. In einer – äußerst kurzen – Traumsequenz liefern sich die Ermittler und der Rapper Candy ein Gesangsduell. „Yugo hat es uns so weit beibringen können, dass es nicht allzu peinlich wirkt“, erzählt Krassnitzer. Der Kommissar hat am Ende sogar seinen Frieden mit dem Genre gemacht. „Das ist echt geiler Shit“, grinst Eisner beim Zuhören im Dienstwagen.