In Aachen haben die Metall-Tarifverhandlungen für 700.000 Beschäftigte in NRW begonnen. Die Arbeitgeber warnen vor einer Überforderung der Betriebe, die IG Metall vor Schwarzmalerei.
Die Tarifverhandlungen für die 700 000 Beschäftigen der nordrhein-westfälischen Metall– und Elektroindustrie haben in Aachen begonnen. Die NRW-Metallarbeitgeber rechnen mit einer sehr schwierigen Tarifrunde. „Wir müssen aufpassen, dass wir unsere Produktionsstandorte in NRW nicht noch weiter schwächen“, sagte Arbeitgeberpräsident Arndt Kirchhoff. Die IG Metall warnte dagegen vor Schwarzmalerei. Damit schaffe man Unsicherheit und würge so den Konsum ab.
Die IG Metall fordert in dieser Tarifrunde eine Erhöhung der Monatsentgelte um sieben Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Zudem sollen die Ausbildungsvergütungen um 170 Euro überproportional ansteigen.
Die Arbeitgeber argumentieren, immer mehr heimische Standorte stünden unter einem selten erlebten Kosten- und Wettbewerbsdruck. Das Produktivitätswachstum als Maßstab für Lohnerhöhungen sei in den vergangenen Jahren nahezu zum Erliegen gekommen. „Unsere Industrie befindet sich insgesamt in einer sehr kritischen Ecke. Sieben Prozent mehr Entgelt für die Beschäftigten sind da völlig unrealistisch“, so Kirchhoff. Er könne die Gewerkschaft nur davor warnen, die Betriebe jetzt tarifpolitisch zu überfordern. In der Beurteilung der wirtschaftspolitischen Lage seien die Tarifpartner aber nicht weit auseinander. Auch die IG Metall habe zu Recht zu hohe Energiekosten, langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren und überbordende Bürokratie im Land moniert.
Die Tarifparteien in Nordrhein-Westfalen hätten schon häufig bewiesen, insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten belastbare und tragfähige Kompromisse zu vereinbaren. „Wir sollten alles daran setzen, dass uns dies auch in dieser Tarifrunde wieder gelingt“, so Kirchhoff.
Die IG Metall kritisierte, dass die Arbeitgeber kein Angebot vorgelegt hätten. „Ich erwarte von Metall NRW ein konstruktives Verhalten am Verhandlungstisch. Das Leben der Menschen ist gerade von vielen Unsicherheiten geprägt. Darum sind wir Sozialpartner in besonderer Verantwortung, den Beschäftigten schnell mit einer deutlichen Entgelterhöhung Sicherheit zu geben“, so Knut Giesler, Bezirksleiter und Verhandlungsführer der IG Metall NRW.
Eine deutliche Entgelterhöhung würde nicht nur den Beschäftigten Sicherheit gebe, sondern über den Konsum als stärkstem Wachstumstreiber auch die Wirtschaft ankurbeln. „Hier ist gemeinsames Handeln der Sozialpartner gefordert.“
Giesler zeigte sich verärgert, dass Arbeitgebervertreter alles schwarzmalten: „Wir sind weit weg von der schlimmsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Durch diese Schwarzmalerei sägt man an dem Ast, auf dem man sitzt. Das verunsichert Konsumenten und Unternehmen und führt bestimmt nicht dazu, dass es besser wird.“
Der Gewerkschafter verwies in diesem Zusammenhang auf die Entwicklung des realen Bruttoinlandsproduktes, das sich seit der Erholung nach der Corona-Krise in einer stabilen Seitwärtsbewegung befinde. Die Umsätze der Metall- und Elektroindustrie lägen nach wie vor deutlich über dem Vorkrisenniveau. Die Auftragseingänge seien laut Statistischem Bundesamt im Juni und im Juli wieder kräftig angestiegen.