In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit startet die Metall-Tarifrunde. Die Verhandlungen dürften entsprechend hart werden. Auch Warnstreike sind möglich.
Die Tarifverhandlungen in der Metall– und Elektroindustrie Baden-Württembergs starten in dieser Woche. Beginn der ersten Verhandlung in Baden-Württemberg ist am Mittwoch gegen 14.00 Uhr in Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg). Die Tarifrunde könnte zäh werden, schließlich lagen die Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite im Vorfeld bei ihren Vorstellungen weit auseinander.
Hier eine Übersicht zu Baden-Württembergs wichtigster Tarifrunde in diesem Jahr.
Warum ist die Tarifrunde für die Menschen im Südwesten so wichtig?
Weil die Metall- und Elektroindustrie das Herzstück des Industrielandes Baden-Württemberg ist. Rund eine Million Menschen arbeiten in der Branche. Zu ihr zählen unter anderem die Automobilhersteller und deren Zulieferer, aber auch der Maschinenbau.
Was fordert die IG Metall?
Die wichtigste Forderung lautet: mehr Geld. Die Gewerkschaft verlangt für die Beschäftigten eine Entgelterhöhung von sieben Prozent. Azubis und dual Studierende sollen zudem mit 170 Euro mehr im Monat überproportional profitieren. Der Tarifvertrag soll eine Laufzeit von 12 Monaten haben.
Was wurde zuletzt in anderen Branchen gefordert?
Vergleiche sind mit Vorsicht zu genießen, weil neben Gehaltssteigerungen meist mehrere Komponenten verhandelt werden und sich die Laufzeiten unterscheiden können.
Aber: Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG forderte zum Beispiel zuletzt für die im Herbst anstehenden Tarifverhandlungen mit den privaten Bahnunternehmen in Deutschland 7,6 Prozent mehr Geld.
In der Chemie-Industrie wurde Ende Juni eine Einigung für allgemeine Gehaltssteigerungen um 6,85 Prozent erzielt.
Wie reagieren die Arbeitgeber auf die Forderungen der Gewerkschaft?
Verhandlungsführer Harald Marquardt bezeichnete die Forderung im Vorfeld als „angesichts der Gesamtsituation völlig unangemessen und überzogen“. Sehr viele Unternehmen erzielten demnach kaum noch Rendite oder schrieben sogar rote Zahlen. „Für sie ist eigentlich jegliche zusätzliche Kostenbelastung schon zu viel“, so Marquardt.
Warum könnten die Verhandlungen dieses Mal besonders zäh werden?
Weil die Branche kriselt. „Die wirtschaftliche Lage in unserer Industrie ist schlecht“, teilte Arbeitgeber-Vertreter Marquardt mit. Eine Trendwende sei nicht in Sicht.
Autohersteller wie Mercedes-Benz oder Porsche kämpften zuletzt mit sinkenden Verkaufszahlen, die Gewinne gerieten unter Druck und die Kosten rückten noch mehr in den Fokus. Zulieferer machten zuletzt eher mit Stellenabbau von sich reden. Und der Maschinenbau im Südwesten hinkte bei den Aufträgen den Vorjahreswerten hinterher.
Wann ist mit einem Abschluss zu rechnen und welche Rolle spielt dabei Baden-Württemberg?
Schwer zu sagen. Mit einer Einigung nach der ersten Verhandlungsrunde ist jedenfalls nicht zu rechnen. Bei der letzten Tarifrunde im Herbst 2022 zogen sich die Verhandlungen auf etwas mehr als zwei Monate.
Der IG-Metall-Bezirk Baden-Württemberg spielt in Tarifverhandlungen traditionell eine wichtige Rolle. Bundesweit finden zunächst regionale Verhandlungen statt, ehe sich für gewöhnlich ein Pilotbezirk herauskristallisiert, dessen Abschluss dann mit kleinen Abweichungen von den anderen Bezirken übernommen wird. In Baden-Württemberg war das schon oft der Fall, so auch in der vorigen Tarifrunde.
Drohen den betroffenen Unternehmen Warnstreiks?
Ja, wenn sie sich nicht bis Ende Oktober einigen. Da endet die sogenannte Friedenspflicht, Warnstreiks wären dann möglich und auch wahrscheinlich.