In Großbritannien hat die erste Labour-Regierung seit 14 Jahren in ihrem Regierungsprogramm wirtschaftliche Stabilität, ein härteres Vorgehen gegen irreguläre Einwanderung sowie bessere Beziehungen zur Europäischen Union als Ziele ausgegeben. „Wir werden das Wachstum ankurbeln und Großbritanniens Bremsen lösen“, sagte der neue Premierminister Keir Starmer vor Verlesung des Regierungsprogramms durch König Charles III. am Mittwoch im britischen Parlament. Zum in der Thronrede skizzierten Programm gehören mehr als 35 Gesetzentwürfe, darunter eine Reform des britischen Oberhauses.
Labour hatte bei der Parlamentswahl Anfang Juli mit einem Erdrutschsieg erstmals seit 14 Jahren wieder die Regierungsmehrheit im Unterhaus erlangt. Die neue Regierung werde sich bemühen, „die Beziehung zu europäischen Partnern neu auszurichten und die Handels- und Investitionsbeziehungen des Vereinigten Königreichs mit der Europäischen Union zu verbessern“, hieß es in der von König Charles III. verlesenen Thronrede.
Zudem soll das Recht des Erbadels auf einen Sitz im Oberhaus des Parlaments abgeschafft werden. Mit der Abschaffung des erblichen Sitz- und Stimmrechts solle die britische Verfassung modernisiert werden, hieß es weiter in der Thronrede. Großbritannen verfügt nicht über eine kodifizierte, also in einem Dokument ausformulierte Verfassung.
Begleitend zur Thronrede erklärte die Labour-Regierung, die „anhaltende Präsenz“ von Oberhausmitgliedern mit einem erblichen Sitz in der Parlamentskammer sei „überholt und nicht zu rechtfertigen“. Die Details der Labour-Pläne blieben jedoch unklar.
Das britische Oberhaus hat rund 800 Mitglieder, deren derzeitiges Durchschnittsalter bei 71 Jahren liegt. Die meisten der Mitglieder werden auf Lebenszeit ernannt. Zu ihnen gehören frühere, meist von scheidenden Premiers ernannte Unterhausabgeordnete, aber auch Menschen, die nach wichtigen Ämtern im öffentlichen oder privaten Sektor ins Oberhaus eingesetzt werden sowie Kleriker der Church of England.
Die Gesetzespläne greifen eine Reformagenda zum Oberhaus wieder auf, die in den späten 1990ern von der Labour-Regierung des damaligen Premiers Tony Blair angestoßen worden war. Blairs Regierung beabsichtigte, alle Sitze der damals hunderten erblichen Mitglieder des Oberhauses abzuschaffen. Es verblieben damals 92 dieser Sitze, was ursprünglich nur ein zeitweiser Kompromiss sein sollte. „25 Jahre später sind sie eher durch Zufall als durch Absicht Teil des Status quo“, erklärte die Regierung zu ihrer Ankündigung zur Abschaffung dieser Sitze weiter.
Das Labour-Programm sieht zudem vor, dass alle wichtigen Haushaltsentscheidungen in einer „unabhängigen Beurteilung“ vom Büro für Haushaltsverantwortung überprüft werden. Damit soll ein Desaster wie das des Mini-Haushalts der damaligen Premierministerin Liz Truss im Jahr 2022 verhindert werden, der die britische Wirtschaft abrutschen ließ.
Die im Englischen als „King’s Speech“ bekannte Thronrede ist eine jahrhundertealte Tradition voller Pomp und Zeremonie, in der die Gesetzesvorhaben der Regierung für die kommenden zwölf Monate vorgestellt werden. Trotz ihres Namens wird die Rede nicht vom Monarchen als Staatsoberhaupt, sondern von der Regierung verfasst. Sie markiert den offiziellen Beginn der neuen Parlamentsperiode.
Charles III. las die Rede von einem goldenen Thron im House of Lords vor, gekleidet in eine Uniform der Royal Navy und eine lange Robe. Auf dem Kopf trug er die mehr als ein Kilogramm wiegende Imperial State Crown, besetzt mit Diamanten, Saphiren, Smaragden, Perlen und Rubinen.