Wenige Tage vor dem ersten Spiel in Frankreich beklagen die DFB-Frauen und Horst Hrubesch einen ganz herben Ausfall. Die Befürchtungen bei Lena Oberdorf von Hannover bewahrheiten sich.
Ohne Lena Oberdorf müssen die deutschen Fußballerinnen und Horst Hrubesch die Olympischen Spiele bestreiten. Die 22 Jahre alte Mittelfeldspielerin vom FC Bayern hat sich beim 4:0-Sieg gegen Österreich eine Kreuz- und Innenbandverletzung im rechten Knie zugezogen. Dies teilte der DFB nach einer MRT-Untersuchung in München mit.
„Diese Nachricht tut weh! Unsere schlimmste Befürchtung ist eingetreten. Wir alle denken an Obi und fühlen mit ihr“, sagte Bundestrainer Hrubesch in der Stellungnahme. „Wir werden nun einmal mehr alle Kräfte für die Olympischen Spiele bündeln. Wir wollen und werden auch für Obi um die Medaille spielen.“
Oberdorf gilt zentrale Figur auf der Sechser-Position im Team des Goldmedaillengewinners von 2016. Die Weltklasse und Wucht einer Lena Oberdorf hat praktisch niemand im Nationalteam, das am Sonntag von Frankfurt/Main aus gen Marseille aufbricht und am Donnerstag darauf auf den ersten Vorrundengegner Australien trifft. Am 28. Juli geht es gegen die USA, drei Tage später gegen Sambia.
Rückt Janina Minge nach?
Die Nachnominierung für Oberdorf soll erst in den nächsten Tagen bekanntgegeben werden. Hrubesch könnte für seinen 18er-Kader Janina Minge (VfL Wolfsburg) berufen. Die Ex-Freiburgerin ist bisher wie drei weitere Spielerinnen nur auf Abruf bereit. Oberdorf mit ihren 51 Länderspielen in jungen Jahren kann aber niemand so schnell ersetzen. Zumal bei Olympia laut Hrubesch viel über die Körperlichkeit gehen wird.
Die großartige Stimmung vor 43 953 Zuschauern in Hannover, der letzte erfolgreiche Härtetest vor den Sommerspielen nach dem zuletzt ernüchternden 0:3 in Island – all das war wie weggewischt wenige Minuten nach dem Abpfiff angesichts von Oberdorfs Verletzung. Stürmerin Lea Schüller, die mit ihrer künftigen Münchner Clubkollegin kürzlich noch im Urlaub war, hatte nach dem Spiel Tränen in den Augen.
Der Schock-Moment, als Oberdorf offenbar schwer verletzt am Boden lag, nahm alle im DFB-Tross mit. „Ich hoffe und ich bin auch dazu bereit, eine Nacht zu beten, dass es jetzt nichts Gravierendes ist und dass wir sie vielleicht doch mit zu Olympia kriegen“, sagte Hrubesch in einer ersten Reaktion.
Auch den FC Bayern trifft der Ausfall hart
Oberdorf wurde am Mittwoch nach München gebracht. Auch beim deutschen Meister, der den DFB-Star mit einem spektakulären Transfer vom Dauerrivalen VfL Wolfsburg losgeeist hatte, sorgte die Szene nach knapp 70 Minuten für Entsetzen: Oberdorf war nach einer Aktion im Rasen hängen geblieben und konnte nur auf Betreuer gestützt und auf einem Bein vom Platz humpeln.
„Das ist ein sehr harter Schlag und wir fühlen alle mit Lena. Wir werden sie auf ihrem Weg zurück begleiten und in allen Belangen für sie da sein“, sagte Bayern-Direktorin Bianca Rech. „Lena ist eine Kämpferin, wir werden noch viel Freude an ihr haben.“
„Vor Schmerzen geschrien“
Kapitänin Giulia Gwinn, die zwei Kreuzbandrisse hinter sich hat, erlebte den Vorfall aus unmittelbarer Nähe mit und sprach von „definitiv gemischten Gefühlen. Das hat sich nicht gut angehört und tut natürlich sehr weh, wenn man eine Spielerin so leiden sieht.“
Abwehrspielerin Kathrin Hendrich sagte: „Sie hat vor Schmerzen geschrien. Sie meinte, es hat Knack gemacht, aber das heißt natürlich nicht immer was.“
Oberdorf hatte schon bei der missglückten WM 2023 in Australien angeschlagen die erste Gruppenpartie verpasst. In der vergangenen Saison kämpfte sie lange mit Rückenproblemen und erlitt im Juni in der EM-Qualifikation in Polen eine Wadenblessur.
Wer könnte Oberdorf bei Olympia vertreten?
Oberdorf gilt auch wegen ihres Offensiv-Spiels und ihrer Erfahrung von bereits 51 Länderspielen als jemand, für den es keinen gleichwertigen Ersatz in der Olympia-Auswahl gibt. Hrubesch sagte zwar, dass auch Alexandra Popp auf der Sechs spielen könne. Doch die etatmäßige Spielführerin und Stürmerin wurde in Hannover nach einer Fußreizung ebenso geschont wie Abwehrchefin Marina Hegering. „Die beiden sind fit, sie hätten auch eingesetzt werden können“, sagte der Bundestrainer über das Duo vom VfL Wolfsburg.