Härtere Strafen, mehr Schutz, neue Zulagen: Hessen reagiert mit einem Maßnahmenpaket auf die Gewaltwelle gegenüber Rettungs- und Einsatzkräften.

Mehr Respekt, weniger Angriffe: Das Land Hessen will mit einem Maßnahmen-Paket Einsatzkräfte unterstützen. Rettungskräfte, Polizeibeamte oder Feuerwehrleute werden immer wieder Opfer von Behinderungen, Übergriffen oder gar Angriffen, teilten Hessens Ministerpräsident Boris Rhein und Innenminister Roman Poseck bei der Vorstellung des Pakets in Frankfurt mit. Die beiden CDU-Politiker wertschätzten die Arbeit der rund 22.000 Polizistinnen und Polizisten und etwa 80.000 Feuerwehrleute und Katastrophenschutzmitarbeiter im Land – fanden allerdings auch harte Worte für Angriffe auf sie. 

„Einsatzkräfte werden bei ihrer Arbeit beleidigt, bespuckt oder sogar körperlich angegriffen“, sagte Boris Rhein. Das sei eine unvorstellbare Situation und ein Skandal. „Wir erleben eine besorgniserregende Zunahme an Angriffen“, führte Rhein aus. „Das gesellschaftliche Klima ist insgesamt rauer geworden, damit wachsen auch Aggressivität und Intoleranz“, ergänzte Poseck. Menschen seien egoistischer geworden, sie akzeptierten beispielsweise nicht, wenn aufgrund von Unfällen Absperrungen eingerichtet würden. 

„Wir müssen die Zahlen der Angriffe runterbekommen, am besten ganz wegbekommen“, sagte Rhein. Diese gesellschaftliche Entwicklung soll auch durch die neuen Maßnahmen zurückgedrängt werden. 

„Für mich ist klar: Jeder Angriff ist einer zu viel. Jeder Angriff ist beschämend und inakzeptabel“, betonte Rhein. Es seien Angriffe auf unsere Gesellschaft und das friedliche Miteinander. Er forderte: „Respekt und Schutz für die, die uns schützen.“ Es brauche dringend eine Trendumkehr, erklärte auch Innenminister Poseck. „Das friedliche und tolerante Miteinander sowie der gegenseitige Respekt müssen wieder in das Zentrum unseres Zusammenlebens treten.“

Rekordzahl bei Angriffen

2023 wurden laut Innenministerium insgesamt 5.200 Einsatzkräfte aus Hessen Opfer einer Straftat, davon 5.056 Polizisten, 24 Feuerwehrleute und 171 Einsatzkräfte von Rettungsdiensten. Das sei ein Rekordwert. Allein bei der Feuerwehr stelle die Zahl eine Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr dar. 

Die Gesellschaft brauche eine neue Kultur der Wertschätzung für die Einsatzkräfte. Es geht um die Anerkennung der herausragenden Leistung, eine noch bessere Ausstattung der Einsatzkräfte sowie um mehr Sichtbarkeit, sagte Rhein. Das soll auch im Maßnahmen-Paket sichtbar werden. 

Mehr Personal und Anerkennung

In dem Paket sind verschiedene Maßnahmen verankert, teilten die Minister mit. So gebe es Maßnahmen zur Anerkennung der Leistung, zur verbesserten Ausstattung und für mehr Sichtbarkeit und Wertschätzung. 

Die Maßnahmen zur Anerkennung der Leistung sehen vor, dass zum 1. Januar 2025 eine Polizeidienstzulage in Kraft tritt. Auch die Zulagen für Feuerwehrleute sollen steigen. Zudem möchte die Regierung mehr Personal einplanen und die Schutzausstattung für Beamtinnen und Beamte modernisieren.

Keine Geldstrafen mehr

Täterinnen und Tätern drohen härtere Strafen: So soll das Mindeststrafmaß bei tätlichen Angriffen auf Einsatzkräfte von den bisherigen drei auf sechs Monate erhöht werden – Geldstrafen seien dann nicht mehr möglich. Werden Einsatzkräfte gezielt in einen Hinterhalt gelockt, soll eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr gelten. Die Tätergruppen könnten nicht klar benannt werden, sagte Innenminister Poseck. Es handele sich um verschiedene Täterprofile und Situationen. 

Opfer von Angriffen bekommen zudem eine Angriffsentschädigung. Hessen sei das einzige Land, in dem eine solche Entschädigung gezahlt werde. 

Wanderausstellung soll Gewalt zeigen

In Sachen besserer Ausstattung will das Land etwa die Zahl der Taser für Streifen erhöhen – zurzeit gebe es 190 in Hessen. Auch die Schutzausrüstung selbst soll verbessert werden: In diesem Jahr würden Schutzwesten mit Stichschutz modernisiert. 

Ein Großteil des Pakets nehmen Maßnahmen für mehr Wertschätzung und Sichtbarkeit ein. Ziel sei es unter anderem, die Arbeit von Einsatzkräften sichtbarer zu machen, „beispielsweise durch Pressemitteilungen, Social Media, Redebeiträge und persönliche Gespräche mit den Einsatzkräften“, hieß es. 

Im Rahmen einer Wanderausstellung soll insbesondere das Thema Gewalt gegen Polizeibeamte gezeigt werden. Das Polizeipräsidium Mittelhessen startete diese bereits am 4. Juli in Gießen. Auch in anderen Polizeipräsidien soll die Ausstellung gezeigt werden.