Neue Wege der Erinnerungsarbeit: In Frankfurt wird bald eine digitale Zeitreise in das Alltagsleben der historischen Judengasse ermöglicht. Die digitale Technik soll auch junge Menschen abholen.
Durch digitale Technik soll die historische Umgebung der Judengasse in Frankfurt wieder im Museum erlebbar werden. Zur Unterstützung des Projekts „Immersive Jewish Frankfurt“ überreichten Ministerpräsident Boris Rhein und Digitalministerin Kristina Sinemus einen Förderbescheid über 1,3 Millionen Euro im Museum Judengasse. Dort wird mithilfe von Augmented Reality, Gaming und Künstlicher Intelligenz eine immersive Welt geschaffen, in der die Besucher künftig auch mit Figuren interagieren können.
Digitale Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart
Das Projekt schaffe eine digitale Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart und mache verschiedene Facetten jüdischen Lebens in Frankfurt sichtbar, sagte Sinemus. Die Direktorin des Jüdischen Museums Frankfurt, Miriam Wenzel, erhofft sich, besonders auch junge Menschen abzuholen, die in der digitalen Welt zu Hause seien.
„Es ist unsere Aufgabe, jüdisches Leben sichtbar zu machen und das kulturelle Erbe der jüdischen Gemeinschaft zu fördern“, sagte Ministerpräsident Rhein. Wer die Geschichte kenne und erleben könne, wisse um die Folgen und Konsequenzen für die Gegenwart. Dies deutlich zu machen, sei wichtig nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen am vergangenen Sonntag und besonders, „nach der schrecklichen Zäsur des 7. Oktober, nach dem Überfall der Mörderbande Hamas auf unseren Werte-Partner Israel.“ Man müsse zeigen, was es bedeute, „wenn Dinge anfangen zu rutschen und was es bedeutet, wenn Leute Antisemitismus entwickeln und ausleben“.
Eines der bedeutendsten Zentren jüdischen Lebens in Europa.
Das Projekt „Immersive Jewish Frankfurt“ soll etwa ab Ende 2026 erlebbar sein. Dann können die Besucher mithilfe digitaler Technologien in die Vergangenheit eintauchen, in das pulsierende jüdische Leben und das historische Alltagsgeschehen in der Judengasse. Dort hatte die Stadt im 15. Jahrhundert die jüdische Bevölkerung in einem abgeschlossenen Bezirk außerhalb der Stadtmauern angesiedelt. Im Anschluss entwickelte sich die Judengasse zu einem der bedeutendsten Zentren jüdischen Lebens in Europa.
„Auch wenn die Geschichte des Frankfurter Ghettos auch eine Geschichte der Verfolgung, Ausgrenzung und Diskriminierung ist, zeigt sie dennoch eines deutlich: Jüdisches Leben gab es in Frankfurt seit Jahrhunderten“, sagte der Kulturdezernent der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, Marc Grünbaum. Gemeinsam wolle man diese Geschichte fortschreiben und weiter für eine plurale, offene und demokratische Stadtgesellschaft eintreten.
Bereits jetzt ist es möglich, sich in einem Gewölbekeller in der Innenstadt per VR-Brille in den Zustand der Frankfurter Judengasse von 1861 versetzten zu lassen. Allerdings findet diese digitale Reise noch ohne Leben auf der Straße statt.