Die Zinsen sinken, die Löhne steigen – aber mehr produziert und umgesetzt wird trotzdem nicht. Deutschlands Wirtschaft schrumpft sogar, wie die Statistiker am Dienstag melden. Und jetzt?

Auf einer guten Party entsteht aus guter Laune noch mehr gute Laune. Das passiert, oder es passiert eben nicht. Woran das liegt? Ganz genau weiß das niemand. Ziemlich ähnlich entwickelt sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft. Und die ist gerade so trist, wie lange nicht mehr. Traditionell gemessen wird die Befindlichkeit mit dem ifo-Geschäftsklimaindex. Für den werden jeden Monat etwa 9000 Unternehmen befragt, wie es ihnen gerade geht und was sie für das nächste halbe Jahr erwarten. Das aktuelle Ergebnis von dieser Woche lautet: 86,6. In Worte übersetzt bedeutet das: Hier geht gar nichts. So schlecht war es seit Februar nicht. Und ob es besser wird? Eher nicht. 

Keine Lust auf Konsum, kein Mut zu Investitionen

Am lautesten stöhnen die Firmen, die Investitionsgüter verkaufen. Das wiederum ist besonders übel. Denn wenn diese Betriebe gute Laune haben, breitet die sich oft in der ganzen Wirtschaft aus – wo Maschinen gekauft werden, kann in Zukunft nämlich mehr produziert werden und so Wachstum entstehen. Clemens Fuest, der Chef des Münchner ifo-Instituts, sagt dazu: „Die deutsche Wirtschaft gerät immer tiefer in diese Stagnationskrise.“ Auch die Verbraucher, deren Einkommen kräftig steigen, helfen nicht wirklich – denn aus Angst vor schweren Zeiten halten die ihr Geld zusammen, statt es auszugeben. Rausreißen könnte es da eigentlich nur noch die Nachfrage nach deutschen Waren im Ausland. Tatsächlich läuft die Weltkonjunktur trotz aller Spannungen und Krisen gar nicht schlecht. Rund drei Prozent wird die globale Ökonomie dieses Jahr zulegen. Leider kommt davon fast nichts in Deutschland an. Denn die Deutschen bauen zwar zum Beispiel tolle Autos mit Benzin- und Dieselmotoren, aber sind nicht unbedingt Weltmarktführer in der Elektromobilität – die immer wichtiger wird. Unterm Strich bleibt: Es gibt keinen Absturz, aber es geht auch nichts voran.23: Analyse Deutsche Autokonzerne schwächeln im ersten Halbjahr – e033b18ec5937f9e

Und was kommt jetzt für die deutsche Wirtschaft?

Die Zahlen für das zweite Quartal 2024, die an diesem Dienstag das Statistische Bundesamt bekanntgegeben hat, zeigen das. Danach schrumpfte die Wirtschaft ganz leicht um 0,1 Prozent im Vergleich zu den gleichen Monaten des vergangenen Jahres. Nun könnte man sagen: Na und, letztes Jahr ging es uns doch auch nicht schlecht. Das stimmt, aber die Frage ist, ob das auf Dauer so bleibt, wenn wir schrumpfen oder zumindest nicht wachsen, fast alle anderen aber zulegen. Der Internationale Währungsfonds sah Deutschland vergangenen Monat in seiner Konjunkturprognose wieder als Schlusslicht unter allen großen Industrienationen. Das hat auch damit zu tun, dass uns hohe Energiepreise besonders hart treffen. Und damit, dass Deutschland als exportorientiertes Land immer leidet, wenn es stockt im Welthandel, weil Zölle erhoben werden oder Lieferketten nicht wie gewohnt funktionieren. Aber mit Deutschland selbst hat es eben auch zu tun. Mehr Zuversicht ist nicht alles. Aber helfen würde es schon, wenn die Laune soweit steigt, dass die Unternehmen Mut zu Investitionen bekommen und die Verbraucher einkaufen.