Drei Tage nach dem tödlichen Messeranschlag in Solingen hält die politische Debatte über Konsequenzen an. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte am Montag bei einem Gedenkbesuch am Tatort eine rasche Waffenrechtsverschärfung und konsequentere Abschiebungen an. Voraussichtlich am Dienstagmorgen wird Scholz mit CDU-Chef Friedrich Merz über die Migrationspolitik sprechen.

In Solingen sagte Scholz, die geplante Verschärfung des Waffenrechts gelte insbesondere für Messer – aber auch für „viele andere Dinge drum herum, die geregelt werden müssen“. Er betonte: „Das soll und das wird jetzt auch ganz schnell passieren.“ 

Zur Frage von Abschiebungen sagte der Kanzler: „Wir werden alles dafür tun müssen, dass diejenigen, die hier in Deutschland nicht bleiben können und dürfen, auch zurückgeführt und abgeschoben werden.“ Es müsse geprüft werden, wie die Regierung „notfalls mit rechtlichen Regelungen“ dazu beitragen könne, „dass wir diese Zahlen noch weiter erhöhen können“.

Scholz legte eine weiße Rose in Gedenken an die drei Todesopfer vom Freitag nieder. Er zeigte sich bestürzt über die Tat, für die ein 26-jähriger Syrer verantwortlich gemacht wird. „Wir müssen alles dafür tun, dass wir sicherstellen, dass in unserem Land solche Dinge sich wirklich nie ereignen“, sagte Scholz.

Der Kanzler rief auch die Gesellschaft zum Zusammenhalt auf. „Wir werden uns diesen Zusammenhalt nicht kaputtmachen lassen von bösen Straftätern, die schlimmste Gesinnungen verfolgen, sondern wir werden mit aller Härte und Schärfe gegen sie vorgehen und nicht nachlassen, sie zu verfolgen“, sagte er. Ähnlich hatte sich bereits Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geäußert.

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) kündigten bei einem gemeinsamen Auftritt in Berlin ein „effektives Maßnahmenbündel“ der Ampel-Koalition an. Dabei soll es demnach um den Kampf gegen den Islamismus, die Ausgestaltung sogenannter Dublin-Verfahren zur Abschiebung Geflüchteter und um Verschärfungen des Waffenrechts gehen.

Bisher hatte in der Ampel-Koalition die FDP die von Faeser schon länger geplante Ausweitung von Messerverboten kritisch gesehen. Nun sagte Buschmann aber, es dürfe „keine Tabus“ bei „sinnvollen Maßnahmen im Bereich des Waffenrechts“ geben.

Voraussichtlich am Dienstagmorgen soll ein Treffen zur Asylpolitik von Scholz mit CDU-Chef Merz im Kanzleramt stattfinden. Dieses war offensichtlich schon länger geplant gewesen, dürfte nun aber von der Debatte über die Konsequenzen aus dem Anschlag von Solingen überlagert werden.

Am Sonntag hatte Merz den Kanzler in einem offenen Brief zu einer Kehrtwende in der Migrationspolitik aufgefordert. Unter anderem sprach er sich für einen generellen Aufnahmestopp für Menschen aus Syrien und Afghanistan aus. „Das würde gegen das Grundgesetz und mutmaßlich auch gegen EU-Menschenrechtsverordnungen verstoßen“, wies Regierungssprecher Steffen Hebestreit diesen Vorstoß aber zurück.

Für eine schnelle Abschiebung straffällig gewordener Asylbewerberinnen und -bewerber sprach sich auch Grünen-Chef Omid Nouripour aus. „Mörder und Terroristen sind in diesem Land bei uns nicht willkommen“, sagte er.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sowie NRW-Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) kündigten eine umfassende Aufklärung des Vorfalls an. Mit Blick auf die geplante, aber nicht erfolgte Abschiebung des mutmaßlichen Täters sei im „konkreten Fall“ zu schauen, „ob alles richtig gelaufen ist“, sagte Wüst.

Am Samstag hatte die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) die Tat für sich reklamiert. Am Sonntagabend tauchte ein neues angebliches Bekennervideo des IS auf.

Vor pauschalen Schuldzuweisungen gegen Geflüchtete warnte die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl. „Flüchtlinge suchen oft genau vor der islamistischen Gewalt Schutz, der wir in Solingen begegnet sind“, hieß es in einer Erklärung. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland verurteilte den „feigen Anschlag“ und wandte sich gegen „Hass, Hetze, Extremismus und Radikalismus jeglicher Couleur“.