Bayern ist nach wie vor ein gutes Pflaster für Start-ups, fällt aber im Bundesländervergleich bei den Finanzierungsrunden zurück.
Bayerns Start-ups sind bei der Einwerbung von Investorengeldern im Bundesländervergleich zumindest vorübergehend zurückgefallen. Im ersten Halbjahr flossen 577 Millionen Euro Risikokapital an bayerische Jungunternehmen, 274 Millionen weniger als in der ersten Jahreshälfte 2023. Damit rutschte Bayern von Platz zwei auf Platz drei und wurde von Nordrhein-Westfalen überholt. Das zeigt eine Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
NRW-Start-ups warben demnach 822 Millionen ein, mehr als viermal so viel wie ein Jahr zuvor. Ursache waren unter anderem zwei große Deals: Der Online-Übersetzungsdienst DeepL und die Halbleiter-Firma Black Semiconductor allein sicherten sich insgesamt über eine halbe Milliarde Euro. Bundesweit an erster Stelle standen nach wie vor mit weitem Abstand Berliner Jungunternehmen, in die die Kapitalgeber knapp 1,1 Milliarden Euro investierten.
Unter anderem wegen der großen NRW-Deals floss nach Analyse von EY erstmals seit 2021 wieder mehr Geld an deutsche Start-ups, insgesamt 3,4 Milliarden und damit im Jahresvergleich gut 400 Millionen mehr. Die Autoren sprechen von „Zeichen einer Trendwende“ – noch in den beiden ersten Halbjahren 2022 und 2023 waren die Investitionen in Start-ups deutlich gesunken.
Junge Start-ups in Geldnöten
Trotz des Aufwärtstrends hat sich die Finanzierungslage längst nicht für alle Start-ups verbessert. So sank die bundesweite Zahl der Finanzierungsrunden – wie schon in den Vorjahreszeiträumen – deutlich auf 367 Deals, fast ein Fünftel weniger binnen Jahresfrist. In Bayern ging die Zahl der Finanzierungsrunden von 81 auf 60 zurück. „Von einem generellen Aufatmen in der deutschen Startup-Szene kann noch keine Rede sein“, sagte EY-Partner Thomas Prüver. Denn während es etwas mehr mittelgroße und auch große Finanzierungsrunden von über 100 Millionen Euro gab, sei die Zahl der kleinen Deals unter zehn Millionen Euro eingebrochen. Es sei „alarmierend, dass es für ganz junge Start-ups offenbar immer schwieriger wird, an frisches Geld zu kommen.“ Denn gerade in der Anfangsphase seien Geldspritzen essenziell.
Staatsregierung gibt mehr Geld
Um die Finanzlage der Unternehmen zu verbessern, gibt auch die Staatsregierung mehr Geld: Ab 2025 will das Wirtschaftsministerium zusammen mit der LfA Förderbank und Bayern Kapital neue Wagniskapitalfonds mit einer Milliarde Euro auflegen. Die Initiative soll nach Worten von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) mindestens 400 Unternehmen erreichen. Aiwanger hofft, dass mit der Beteiligung privater Investoren insgesamt sieben Milliarden Euro zusammenkommen.
Erholung nach schwierigen Zeiten
Start-ups sind für ihr Wachstum auf Investoren angewiesen, da sie in den ersten Jahren in aller Regel Verlust schreiben und deswegen ohne Kapitalgeber insolvent gehen würden. Große Fonds und Konzerne beteiligen sich mit Wagniskapital an jungen Firmen in der Hoffnung, dass sich deren Ideen durchsetzen. In der Corona-Pandemie hatten Start-ups einen Boom erlebt. Sie profitierten davon, dass die Zinsen niedrig waren und die Digitalisierung einen Schub bekam – etwa bei Finanzgeschäften, Online-Shopping oder Essenslieferungen. Im Boomjahr 2021 flossen allein in den ersten Monaten fast 7,6 Milliarden Euro an Start-ups.
Doch mit dem Zinsanstieg folgte die Krise: Viele Start-ups strichen Jobs, andere wurden übernommen. 2023 brachen die Wagniskapital-Investments EY zufolge um 39 Prozent ein. Nun scheint zumindest das Schlimmste überwunden.