Bei der geplanten Erdgasförderung vor Borkum rückt ein Stromkabel in den Fokus. Um dieses bauen zu können, drängt das Unternehmen One-Dyas auf grünes Licht von Behörden. Niedersachsen hat reagiert.

Im Genehmigungsverfahren für die geplante Erdgasförderung in der Nordsee vor Borkum hat Niedersachsens Landesregierung Kritik des niederländischen Energieunternehmens One-Dyas zurückgewiesen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte zuvor ein Schreiben des Unternehmens an die Landesregierung veröffentlicht, in dem der One-Dyas-Chef Chris de Ruyter van Steveninck bemängelte, dass erforderliche Genehmigungen niedersächsischer Behörden für das Vorhaben auf sich warten ließen. „Es gibt keinen Grund, diese Genehmigung jetzt nicht zu erteilen“, schrieb er. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums in Hannover teilte nach der Veröffentlichung auf dpa-Anfrage mit, das Schreiben habe „keinerlei Einfluss“ auf die ausstehenden Genehmigungen. 

Das Schreiben sei zur Kenntnis genommen worden, teilte der Ministeriumssprecher weiter mit. „Die beteiligten Behörden prüfen diese Genehmigungen – auch im Wissen um die besondere Sensibilität des hier betroffenen Naturraums – äußerst gewissenhaft.“ 

One-Dyas fordert Entscheidungen für Erdgasförderung

In dem dreiseitigen Schreiben des One-Dyas-Chefs vom 5. Juli an Ministerpräsident Stephan Weil, Wirtschaftsminister Olaf Lies (beide SPD) und Umweltminister Christian Meyer (Grüne) fordert der One-Dyas-Chef zügige Entscheidungen und stellt andernfalls Klagen in Aussicht. „One-Dyas würde es begrüßen, wenn die beantragten Entscheidungen schnell ergehen würden, um eine Klärung durch Gerichtsverfahren zu vermeiden.“ Das Unternehmen erklärte zudem, bereits 300 Millionen Euro in das Vorhaben investiert zu haben. 

One-Dyas plant, noch 2024 aus einem Feld vor den Inseln Borkum und Schiermonnikoog Erdgas zu fördern. Dazu soll eine Förderplattform auf niederländischem Hoheitsgebiet rund 23 Kilometer nordwestlich der Insel Borkum errichtet werden. Gefördert werden soll sowohl in niederländischen als auch in deutschen Hoheitsgebieten, nahe dem Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Für die Erdgasförderung sind Genehmigungen der Niederlande und Deutschland erforderlich. Das höchste Gericht der Niederlande gab dafür kürzlich grundsätzlich grünes Licht. Auf deutscher Seite läuft das Genehmigungsverfahren noch beim Niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). 

Streit um Stromkabel für Bohrplattform

Streit gibt es seit einigen Wochen auch um ein bereits vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) genehmigtes Seekabel, das die künftige Bohrplattform mit Windenergie vom benachbarten Offshore-Windpark Riffgat versorgen soll. Durch die Versorgung mit grüner Windenergie sollen laut One-Dyas bei der Erdgasförderung fast keine Schadstoffemissionen entstehen. 

Die Umwelthilfe und weitere Umweltschutzorganisationen legten dagegen Widerspruch ein, da das Kabel aus ihrer Sicht schützenswerte Unterwasserbiotope und Riffstrukturen zerschneiden würde. Dieser Widerspruch hat eine aufschiebende Wirkung – das heißt, vorerst darf das Kabel nicht verlegt werden. Das Umweltministerium teilte mit, One-Dyas sei bereits im September 2023 darauf hingewiesen worden, dass für das Seekabel eine zusätzliche naturschutzrechtliche Befreiung erforderlich sei – wegen der von den Umweltschützern angeführten Riffe. Einen entsprechenden Antrag dafür legte das Unternehmen laut dem Ministerium erst Ende Juni vor. Dieser werde nun geprüft, hieß es. 

Umwelthilfe fordert sorgfältige Prüfung

Die Umwelthilfe kritisierte, dass One-Dyas mit angedrohten Schadensersatzforderungen in dem Schreiben einen Druck ausübe, dem die Landesregierung nicht nachgeben sollte. „Wir fordern die Landesregierung auf, gegenüber den fossilen Geschäftsinteressen standhaft zu bleiben und die drohende Zerstörung gefährdeter Riffe in der Nordsee vor der Genehmigung sorgfältig zu untersuchen“, teilte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner mit. Das gelte auch für das geplante Seekabel. „Ministerpräsident Weil muss sich jetzt schützend vor die betroffenen Nordseeinseln stellen und gegenüber dem fossilen Konzern klare Kante zeigen“, sagte Müller-Kraenner weiter.

One-Dyas teilte auf dpa-Anfrage mit, es sei weiterhin das Ziel, im Dezember 2024 erstes Gas zu fördern, um so einen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Deutschland und in den Niederlanden zu leisten. Dieses Ziel sei auch Teil einer Erklärung, die das Land Niedersachsen und One-Dyas 2022 gemeinsam unterzeichnet hatten. Für die Gasförderung im Dezember müssen die Arbeiten an dem Seekabel laut dem Konzern in diesem Sommer fertiggestellt werden. „One-Dyas geht davon aus, dass alle Projektpartner die getroffenen Vereinbarungen und Zeitpläne einhalten“, teilte das Unternehmen mit. Installationsarbeiten in niederländischen Gewässern sollten Ende Juli beginnen, hieß es.