Internet-Satiriker Sebastian Hotz, alias El Hotzo, hat mit einem Tweet zum Trump-Attentat eine Diskussion um Cancel Culture ausgelöst. Dieses Mal ist das noch unsinniger als ohnehin schon.

(Was) darf man in Deutschland noch alles sagen? Seit Jahren kommt alle paar Monate das Thema Cancel Culture wieder auf den Tisch. Egal ob Winnetou, beleidigende Bezeichnungen für schwarze Menschen oder die Diskussion um den Namen eines Schnitzels mit Paprika-Sauce. Die Meinungsfreiheit – das steht für einige fest – sei massiv bedroht. Das Attentat auf Donald Trump am vergangenen Samstag hat erneut eine solche Diskussion ausgelöst. Oder besser gesagt: Ein Tweet eines Internet-Satirikers, der sich nach dem Anschlag geschmacklos dazu äußerte. 

Plötzlich ist Cancel Culture für manche etwas Gutes

Sebastian Hotz, im Internet bekannt als „El Hotzo“, postet seit einigen Jahren täglich kurze Anekdoten, Witze oder satirische Kommentare auf X und anderen Netzwerken. Hunderttausende folgen ihm. Sein Humor trifft den Geschmack der jungen Generation ein ums andere Mal, auch wenn er dafür in einigen Fällen dafür kritisiert wird. Mittlerweile ist er Buchautor, hat für Jan Böhmermanns „ZDF Magazin Royale“ gearbeitet, ist Podcaster und Radiomoderator für den RBB. Und auch wenn seine Witze regelmäßig unter die Gürtellinie gehen, hat er mit einem Tweet zum Attentat auf Donald Trump den Ärger vieler auf sich gezogen, die ihn als Ersatzzielscheibe sehen – als Personifikation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR). Donald Trump Attentat IV Perliger 12.04

In seiner Nachricht stellte er den Anschlag auf Trump auf eine Stufe mit einem Bus. „Leider knapp verpasst“ schrieb er dazu, gefolgt von dem Kommentar „ich finde es absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben“. Eine Front von Liberalen bis Rechtsextremen tobte. Und weil man gegen einen freiberuflichen Internet-Clown eben nicht viel in der Hand hat, griffen sie zu dem Mittel, vor dem sie eigentlich nicht müde werden zu warnen: Cancel Culture. El Hotzo Tweet

„Hotz muss weg“, kommentierten einige auf X. So jemand dürfe nicht für das ZDF arbeiten. Dass Hotz derzeit gar nicht für den Fernsehsender arbeitet und dies in der Vergangenheit nur als Freiberufler getan hat, interessierte den aufgebrachten Internet-Mob offenbar nicht. 

Internet-Rambos als moralische Instanz?

Einige Nutzer, die sich noch vor wenigen Tagen darüber echauffiert haben, dass Björn Höcke für den öffentlichen Ausspruch einer SA-Parole zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, fordern jetzt Sprechverbote und berufliche Konsequenzen. Eben, weil es ihnen diesmal in den Kram passt. Hotz und der öffentlich-rechtliche Rundfunk, das sei doch jetzt ein für alle mal gezeigt, müsse abgeschafft werden. Was für eine Anmaßung, dass ausgerechnet die größten Internet-Rambos sich jetzt als moralische Instanz aufspielen. Ausgerechnet diejenigen, die sich sonst beschweren, dass man „in Deutschland nicht mehr alles sagen kann“.

Ja, der Tweet war geschmacklos. Hotz löschte ihn später selbst und formulierte um: „Absolut niemand zwingt einen Mitleid mit Faschisten zu haben, man kann es ohne die geringste Konsequenz einfach lassen“, doch da war der Schaden schon getan. 

El Hotzo und ein aufgebrachter Mob im Internet

Ein Attentat auf einen Politiker ist mit aller Härte zu verurteilen, egal um wen es geht. Trump, das Attentat, das alles ist den Kritikern von Hotz aber egal. Der hat ihnen mit seinem Tweet ein vermeintliches Argument gegeben, ihren Hass auf den ÖRR zu begründen. Und sie zeigen damit eigentlich nur, dass die konstruierte Diskussion um die vermeintliche Cancel Culture vollkommen absurd ist. Denn sie wird immer mit unterschiedlichen Maßstäben geführt. Geht es „gegen uns“ ist sie das Ende der Meinungsfreiheit und Diktatur, geht es „gegen die“ kann die Strafe gar nicht hart genug sein. PAID El Hotzo er macht ihn rein 12.23

Wenn, dann muss das gleiche Recht für alle gelten. Ob die Justiz nun gegen Hotz vorgeht, weil er eine Straftat öffentlich gebilligt hat, worauf Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki hinwies, wird sich zeigen. Sollte dies der Fall sein, wird sich Hotz dafür verantworten müssen. Doch das sollen bitte die Behörden entscheiden und nicht ein aufgebrachter Mob im Internet.