Thomas Matthew Crooks schoss mit einer Waffe aus der AR-15-Familie auf Donald Trump. Dabei ist Amerikas Lieblingsgewehr gar nicht die ideale Wahl für einen Attentäter. 

Trump-Attentäter Thomas Matthew Crooks hat eine Waffe im AR-15-Stil benutzt, teilt das FBI mit. Mit AR-15 ist nicht unbedingt ein spezielles Modell gemeint, es handelt sich um eine ganze Familie von einzelnen Produkten in unzähligen Varianten, die allesamt auf einen Ur-Ahnen zurückgehen.

Die eigentliche AR-15 wurde in den 50er-Jahren entwickelt, für die Bedürfnisse der modernen Kriegsführung. Die Anforderungen glichen denen, die bereits zuvor zur Entwicklung des deutschen Sturmgewehrs 44 und der russischen Kalaschnikow geführt hatten. Viel Munition und hohe Schussfolge zählten mehr als Präzision und Reichweite. Aus der AR-15 wurde dann das damalige Standardgewehr der US-Truppen im Vietnamkrieg, die M16.

AR steht dabei für den ersten Hersteller Armalite, der verkaufte das Konzept 1963 an Colt Industries. Die Umbenennung in M16 hat keinen technischen Hintergrund, mit der Integration in die Armee wurde die Waffe der Buchstaben-Systematik der Streitkräfte unterworfen. So wie jeder US-Bomber den Buchstaben „B“ erhält.

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Unzählige Nachbauten

In den zivilen Bereich kam die Waffe erst später. Als der ursprüngliche Patentschutz auslief, begannen mehrere Firmen billige Nachbauten und Varianten herzustellen. Die Waffengesetze in den USA führten dazu, dass die zivilen Modelle keine echten Vollautomaten waren, jeder Schuss musste mit einem Fingertippen ausgelöst werden. Aber auch damit lässt sich eine hohe Schussfolge erzielen. Waffenfans in den USA fasziniert die AR-15 gerade wegen der direkten Abstammung vom Militärgewehr M16 – so wie jede Kalaschnikow vom Ruhm der AK-47 zehrt.

Von Beginn an überzeugte die AR-15 mit der Kombination von geringem Gewicht und hoher Zerstörungskraft. Die Modelle wiegen zwischen 2,7 bis 3,8 Kilogramm. Dazu kommt der lineare Aufbau der Waffe. Die Kräfte, die beim Schuss ausgelöst werden, wirken auf die Schulter der Schützen, nur wenige Kräfte drücken die Waffe aus der Visierlinie. Heute werden Gewehre im AR-15-Stil in den unterschiedlichsten Varianten verkauft. Von billig produzierten Modellen, bis zu denen, die militärische Qualitätsanforderungen erfüllen oder gar übererfüllen. Die Waffe ist mit kurzem oder langem Lauf zu bekommen. Sie erlaubt zahllose Anbauten und Modifikationen.

AR-15 ist eine Waffe für viele Zwecke 

Der Erfolg der AR-15 beruht auch auf einer hierzulande wenig bekannten Besonderheit: Eine AR-15 kann individuell verändert werden. Mit wenigen Handgriffen kann man eine Waffe zerlegen und wieder zusammenbauen. Jedes einzelne Modul kann angepasst werden. Die Standardwaffe aus dem Regal ist so variabel wie ein Legobaukasten – selbst das Kaliber lässt sich variieren. Viele Leute kaufen keine fertige AR-15, sondern setzen ihr individuelles Modell zusammen.

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Diese Variabilität macht die AR-15 so beliebt. Ein zweiläufige Jagdwaffe kann nur für die Jagd auf Großwild benutzt werden. Im Gegensatz zu anderen Gewehren ist die AR-15 mit kurzem Lauf handlich genug, um in Häusern und engen Räumen zum Einsatz zu kommen. Darum erscheint sie ideal für den Selbstschutz im eigenen Haus. Im Vergleich zu einem klassischen Revolver oder einer Pistole verfügt die AR-15 über eine weit größere effektive Reichweite und eine hohe Feuergeschwindigkeit. Auch ein ungeübter Schütze kann mit ihr Angreifer vertreiben. Einfach, indem er einen Kugelhagel in ihre Richtung schickt. Gleichzeitig taugt sie auch als Jagdwaffe. Im ländlichen Amerika ist das ein wichtiger Punkt. In den USA ist die Jagd anders organisiert als bei uns. Jagd ist nicht ein sehr teures Hobby, sie dient der Fleischversorgung. Jagd und Tiefkühltruhe entlasten in vielen US-Haushalten das Budget.

AR-15 ist kein Scharfschützengewehr

Zusammengefasst: Die Kombination von verschiedenen Varianten, die große Preisspanne inklusive Budget-Modellen, die Möglichkeit der Individualisierung und die Kombination von Jagd- und Schutzwaffe führt zur hohen Verbreitung der AR-15-Familie. Diese Vorzüge machen die AR-15 aber auch so gefährlich und sind der Grund dafür, dass sie immer wieder für Amokläufe benutzt wird. Auch ohne echte Umbauten kann der Schütze viele Schüsse in wenig Zeit abfeuern. Sie kann auf kurze Distanz eingesetzt werden, aber auch auf 500 Meter wirken. Entsprechende Munition macht sie besonders gefährlich.

Colt 18.50

Dennoch ist die AR-15 keine ideale Waffe für ein Attentat. Ein professioneller Attentäter hätte nicht eine „Eine-für-Alles“-Waffe gewählt, sondern ein zielgenaues Gewehr für große Entfernungen. Das muss kein spezielles Scharfschützengewehr sein, eine gute Jagdwaffe wäre auch geeignet. Mit ihr wären weit größere Distanzen möglich gewesen. 

Der Trump-Attentäter ging nicht wie ein professioneller Scharfschütze vor. Auf Videos, die im Netz kursieren, scheint es, als hätte er keine Zieloptik genutzt, seine Schussweite lag bei 120 bis 150 Metern. Für einen geübten Schützen ist das zwar eine Entfernung, auf die man auch ohne Zielfernrohr treffen kann. Durch diese Nähe wurde er allerdings bemerkt und gestört. Dennoch hätte er sein Ziel beinahe tödlich getroffen. Er verfehlte Trumps Kopf nur um wenige Zentimeter und streifte ihn am Ohr. Weitere Schüsse trafen Zuschauer der Veranstaltung. Ein 50-Jähriger wurde getötet, zwei andere schwer verletzt.