Der versuchte Mordanschlag auf US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump hat in Deutschland Bestürzung hervorgerufen – und große Sorge vor einer gefährlichen innenpolitischen Eskalation in den USA geweckt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte das Attentat am Sonntag „verabscheuungswürdig“. Zahlreiche andere Spitzenpolitikerinnen und -politiker verurteilten es auf das Schärfste. Außenexperten im Bundestag zeigten sich beunruhigt, dass die Gewalttat den wichtigen Verbündeten USA instabiler und weniger berechenbar werden lässt, mit Auswirkungen auch auf Deutschland.

„Solche Gewalttaten bedrohen die Demokratie„, schrieb Kanzler Scholz im Onlinedienst X. Dem leicht verletzten Ex-Präsidenten wünschte Scholz „schnelle Genesung“. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach von einer „dunklen Stunde für die amerikanische Demokratie“. Gewalt dürfe „niemals zum Mittel der politischen Auseinandersetzung werden – ganz egal aus welchem Grund“. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief zur Ächtung von Hass und Hetze in der Politik auf: „Ächten wir Gewalt in der politischen Auseinandersetzung!“

Außenpolitikerinnen und -politiker der Fraktionen im Bundestag blickten mit Sorge auf die weitere politische Entwicklung in den USA. Das Attentat werde den Wahlausgang in den USA beeinflussen und könnte zu weiterer Zuspitzung und Polarisierung führen, erklärte der Unions-Außenexperte Johann Wadephul (CDU). „Das ist die bedrückende Erkenntnis in Bezug auf die wichtigste Demokratie des Westens.“

Wadephuls Fraktionskollege Jürgen Hardt (CDU) äußerte die Furcht vor dem Aufkommen neuer Verschwörungsmythen. „Zu fürchten ist, dass von republikanischer Seite nun die Behauptung aufgestellt wird, Präsident Biden trage durch Versäumnisse eine Mitschuld am Attentat„, sagte der Außenexperte der „Rheinischen Post“. 

Die FDP-Europapolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann erklärte: „Die Republikaner nutzen bereits die Fotos, um die Unbesiegbarkeit Trumps zu verbreiten.“ Der politische Konsens ist in den Vereinigten Staaten sei in den vergangenen Jahren „immer mehr in Hass umgeschlagen“.

FDP-Chef Christian Lindner erklärte: „Meine Sorge um die amerikanische Demokratie wächst. Dieser Gewaltakt lenkt hoffentlich den Blick auf die Gemeinsamkeit aller Demokraten.“ Ebenfalls besorgt zeigte sich CDU-Chef Friedrich Merz: „Dieses abscheuliche Attentat auf Donald Trump wird den Wahlkampf weiter vergiften.“

Auch der SPD-Außenexperte Nils Schmid verurteilte das Attentat auf das Schärfste. Es sei „nicht nur ein Angriff auf Donald Trump, sondern auch ein Angriff auf die amerikanische Demokratie“, sagte Schmid der „Rheinischen Post“.

Der frühere deutsche Botschafter in den USA, Wolfgang Ischinger, warnte vor der Gefahr einer Gewaltspirale im US-Wahlkampf. So würden „Nachahmer – gegen Trump -, oder Rächer – gegen Joe Biden – wahrscheinlicher“, sagte er dem „Tagesspiegel“. Dies gelte umso mehr, weil „multiple Verschwörungstheorien das ohnehin verunsicherte amerikanische Wahlvolk vollends verwirren“ würden.

Der frühere Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte der „Rheinischen Post“: „Die größte Gefahr Amerikas ist nicht, wer der nächste US-Präsident wird, sondern dass beide Seiten die Wahl des politischen Gegners nicht akzeptieren könnten.“ Dann werde „die einstige Führungsmacht der demokratischen Welt in inneren Kämpfen gefesselt und nach außen gelähmt sein“.

Der Grünen-Abgeordnete Anton Hofreiter mahnte, Deutschland und die Europäische Union müssten sich „dringend besser vorbereiten für den Fall, dass Trump gewinnt“. Damit bis zur Wahl am 5. November zu warten, „ist fahrlässig“, sagte er den Funke-Zeitungen.

Auch der CDU-Außenexperte Hardt forderte Vorbereitungen für den Fall, „dass die USA in Zukunft möglicherweise fordernder auf uns zukommen“. Er warnte: „Eine Haltung nach dem Motto ‚wird schon alles gut werden‘ ist leichtfertig und verantwortungslos.“

Die AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla verurteilten die Gewalttat als „Attentat auf die Demokratie“. Gewalt dürfe niemals zum Mittel der politischen Auseinandersetzung werden. Der AfD-Politiker Björn Höcke schob den „Leitmedien des Westens“ eine Mitverantwortung zu, weil sie Trump als „verabscheuungswürdige Person“ erscheinen ließen: „Auch ihre Schwarz-Weiß-Zeichnung ist ursächlich für das heutige Attentat.“

Trump war am Samstag bei einer Wahlkampfkundgebung im US-Bundesstaat Pennsylvania angeschossen worden. Der designierte Präsidentschaftskandidat der Republikaner wurde dabei am Ohr verletzt. Außer dem mutmaßlichen Schützen starb nach Behördenangaben auch ein Zuschauer, zwei weitere wurden schwer verletzt. Der Attentäter wurde von US-Sicherheitsbeamten getötet.