Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hat im ehemaligen NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau der von den Nazis verfolgten und ermordeten Sinti und Roma gedacht. In ihrer Ansprache bei der internationalen Gedenkveranstaltung zum Europäischen Holocaust-Gedenktag für die Minderheit sagte Bas am Freitag, Sinti und Roma seien auch nach dem Ende der Nazi-Herrschaft in Deutschland Opfer von systematischer Diskriminierung geworden.

Es sei „eine bittere Erkenntnis“, dass im Nachkriegsdeutschland der Völkermord an den Sinti und Roma „verschwiegen und verleugnet“ und kaum ein Täter zur Rechenschaft gezogen worden sei, sagte Bas in ihrer Ansprache in der KZ-Gedenkstätte im heutigen Polen. Gerichte hätten den Überlebenden des Völkermords Entschädigungen verweigert und die Opfer seien sogar „für ihre Verfolgung selbst verantwortlich“ gemacht worden.

Auch heute noch würden Angehörige der Minderheit bei der Wohnungssuche, in der Schule und auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt, sagte Bas. Notwendig sei daher ein „Bewusstseinswandel in vielen Bereichen der Gesellschaft“. „Schluss mit der Suche nach Feindbildern! Schluss mit Abwertung und Ausgrenzung“, forderte die Bundestagspräsidentin.

Bas hatte das ehemalige KZ bereits am Donnerstag besucht. Nach ihren Angaben war es der erste offizielle Besuch einer Bundestagspräsidentin in Auschwitz.

In dem NS-Lager waren am 2. August 1944 die letzten dort inhaftierten Sinti und Roma in den Gaskammern ermordet worden. Angehörige der als „Zigeuner“ ausgegrenzten Minderheit waren von den Nazis seit dem Frühjahr 1940 systematisch ins besetzte Polen deportiert worden. Schätzungen zufolge starben zwischen 220.000 und 500.000 Sinti und Roma bei dem von den Nationalsozialisten verübten Völkermord.