Als erstes Bundesland hat Hessen 2016 den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften ein eigenständiges Promotionsrecht ermöglicht. Das Wissenschaftsministerium zieht eine positive Bilanz.

Seit sieben Jahren können Nachwuchswissenschaftler in Hessen ihren Doktortitel auch an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften erwerben. 33 Promotionsverfahren sind bis Ende vergangenen Jahres an den früheren Fachhochschulen erfolgreich abgeschlossen worden. Das geht aus der Antwort des hessischen Wissenschaftsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion im Landtag in Wiesbaden hervor. 330 Promotionsverfahren wurden und werden demnach betreut. 

Seit die Hochschulen ihre Absolventen selbstständig zum Doktorgrad führen können, wurden sieben Promotionszentren eingerichtet, von denen drei hochschulübergreifend arbeiten. Auf das Promotionszentrum Soziale Arbeit entfielen 96 Promotionsverfahren und 19 abgeschlossenen Promotionen. 93 Verfahren und 11 Abschlüssen waren es bei der Angewandten Informatik, 27 Verfahren und ein Abschluss im Bereich Nachhaltigkeit. 

In den Ingenieurwissenschaften mit Fachrichtung Life Science Engineering sowie im Bereich Public Health wurden bislang jeweils 22 Verfahren und ein Abschluss registriert. Bei den Sozialwissenschaften waren es 57 Verfahren, beim Zentrum Mobilität und Logistik 13 – jeweils ohne Abschluss. 

Ministerium: Wichtig im Wettbewerb um die besten Köpfe

Das hessische Wissenschaftsministerium beurteilt die bisherige Bilanz der Promotionszentren nach Angaben eines Sprechers sehr positiv. Das Promotionsrecht ermögliche es den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften unter anderem, ihren eigenen wissenschaftlichen Nachwuchs auszubilden und generell ihre Attraktivität für wissenschaftliches Personal wie auch für Studierende zu erhöhen. „Dies ist gerade vor dem Hintergrund eines zunehmenden Wettbewerbs um die besten Köpfe wichtig.“

Die Zahl der bislang abgeschlossenen Promotionen sei vor dem Hintergrund der spezifischen Situation der Promotionszentren sowie der allgemeinen Entwicklungen in der Wissenschaft zu betrachten. „Die Promotionszentren sind noch relativ jung.“ Vier von ihnen seien 2017 gestartet, drei seien 2019 beziehungsweise 2020 hinzugekommen. 

Damit betrage der Zeitraum der bisherigen Bilanz nur fünf bis sieben Jahre, erläuterte der Sprecher. „Innerhalb dieser Laufzeit der Promotionszentren wurde die deutliche Mehrheit der Promotionsvorhaben nicht mit dem Termin der Einrichtung der Zentren begonnen, sondern erst im Laufe des Tätigkeitszeitraums der Promotionszentren – auch weil die Strukturen erstmal bekannt werden mussten.“ 

Einschränkungen durch Corona-Pandemie

Zudem sei die zuweilen noch immer unterstellte Promotionsdauer von drei Jahren im Wissenschaftssystem ein Idealtyp. „In der Realität dauern Promotionen oftmals deutlich länger.“ Aufgrund der Corona-Pandemie, die 2020 bis 2022 erhebliche Einschränkungen für die Forschung mit sich gebracht habe und bis heute nachwirke, sei ein Abschluss in drei Jahren für viele laufende Promotionen nochmals deutlich erschwert worden. Die Zahl der abgeschlossenen Promotionen bewege sich insgesamt im Rahmen des Erwartbaren.

Hessen hatte im Jahr 2016 als erstes Bundesland seinen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften ermöglicht, an forschungsstarken Fachrichtungen Promotionen zu vergeben. Zuvor war das allein Universitäten vorbehalten. Diese hatten das von der Landesregierung beschlossene Promotionsrecht für die Einrichtungen damals abgelehnt.