Auf dem Hockeyfeld ging es nach dem gewonnenen Spiel bei Olympia harsch zu. Harte Worte des Trainers und eine überraschende Reaktion seiner Spielerin Anne Schröder.
„Laura, halt jetzt die Fresse und komm her!“
Ich stelle mir das gerade vor. Dass mein Chef mich in einer hitzigen Nachrichtenlage in einem Konferenzraum so anschreit. Weil wir jetzt was besprechen müssen. Und ich einfach keinen Bock habe und genervt eine – Achtung – Fresse ziehe und mich umdrehe, als er seine Teamansprache beginnen will. Was würde ich machen? Würde ich das okay finden? Würde ich zurückbrüllen? Heulen? Kündigen?
Ich weiß es nicht, weil es in einem Arbeitsumfeld außerhalb des Sports, nicht (mehr) vorstellbar ist. Gut so!
Aber wie sieht es eben dort, im Sport, heute (noch) aus? Tja, das haben wir gestern in einer Spielunterbrechung beim Sieg der deutschen Hockeyfrauen gegen Frankreich gesehen. Nationaltrainer Valentin Altenburg tobt! Trotz der Führung ist er unzufrieden mit einer Spielszene und damit, dass sein „verlängertes Herz auf dem Spielfeld“, Anne Schröder, die Schultern hängen lässt. „Anne, jetzt halt die Fresse und komm her, das nervt mich, deine Körpersprache.“
Emotionen gehören dazu – und manchmal Pöbelei
Die Hockey-Nationalspielerin dreht sich nach dieser Chef-Ansage einfach wieder um und macht, was er ihr sagt. Die Fresse halten und zuhören. Warum tut sie das? Was soll man als Zuschauer dazu sagen? Ist das in Ordnung, normal, OKAY?
Hockey-Frauen besiegen Frankreich Disput in Spielpause 15:52
Leute. Jetzt macht euch mal locker! Selbstverständlich ist das OKAY!
Mann! Das ist ein Hockeyplatz! Das ist ein Sportteam, was bis zum Äußersten kämpft, um eine Medaille nach Hause zu bringen! Eines, das mit Schweiß, Tränen und Blut bis zum Erbrechen klotzt. Das ist Sport! Profisport! Das ist Leistung, Druck, schmerzhaft hoher hier bei Olympia! Emotion! Und halt auch manchmal Pöbelei!
Was soll ein Mannschaftstrainer in so einer Situation machen, wenn eine Spielerin womöglich das Team runterzieht mit ihrer Körpersprache? „Du, Anne, ich meins jetzt nicht so, gell? Aber könntest du vielleicht einfach ganz kurz über deinen persönlichen Schatten springen und für deine Mannschaftskolleginnen noch einmal zurück kommen in die Runde? Wäre mega lieb von Dir, ganz toll, Dank Dir.“
Das ist unrealistisch. Oft gibt es Situationen im Sport, da ist keine Zeit für gute Manieren. Da muss sofort klar sein, was jetzt Phase ist.
Anne Schröder jedenfalls wusste, wie sie den Ausbruch ihres Trainers zu nehmen hatte. Sie kenne Altenburg schon „super lange“ und habe mit ihm „ein sehr enges Vertrauensverhältnis“, sagte sie später im gemeinsamen TV-Interview. Dementsprechend „nehmen wir beide uns das nicht übel“. So wie es im Sport eben schöner, unkomplizierter, herrlich altmodischer Usus ist: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.
stern-Kollegin Miriam Hollstein widerspricht. Sie findet: Halt einfach mal die Fresse, Valentin!