Ein ehemaliger hoher Beamter der Thüringer Justiz steht wegen Korruptionsvorwürfen vor dem Landgericht Gera. Eine seiner Vorgesetzten kritisiert im Zeugenstand dessen frühere Machtfülle.

Im Korruptionsprozess gegen einen ehemals leitenden Thüringer Justizbeamten hat die frühere Präsidentin des Oberlandesgerichts Jena, Astrid Baumann, dessen einst weitreichende Zuständigkeiten beanstandet. „Jeder kleine Verein hat einen extra Kassenwart“, sagte Baumann bei ihrer Vernehmung in dem Prozess vor dem Landgericht Gera. Im Falle des ehemaligen Referatsleiters am Oberlandesgericht sei es aber so gewesen, dass dieser sowohl für den Haushalt, als auch für die Beschaffung sowie für das gesamte Personal des nicht richterlichen Dienstes verantwortlich gewesen sei.

Der einst führende Justizbeamte sitzt wegen Korruptionsvorwürfen auf der Anklagebank. Ihm werden Bestechlichkeit und Untreue in mehreren Fällen vorgeworfen. Er soll Unternehmern gegen private Darlehen Aufträge des Oberlandesgerichts zukommen lassen haben. 

„Ich habe diese Machtfülle schon lange für problematisch gehalten“, sagte Baumann. Mehrfach habe sie ihren Amtsvorgänger Stefan Kaufmann deshalb in persönlichen Gesprächen gebeten, ihr zumindest einen Teil der Personalverantwortung zu übertragen, die der Angeklagte damals gehabt habe. „Zunächst wurde mir diese Aufgabe nicht übertragen, obwohl ich mehrfach drum gebeten hatte.“

Baumann war 2012 Vizepräsidentin des Oberlandesgerichts geworden, zunächst unter Kaufmann als Präsident. Nachdem Kaufmann in den Ruhestand gegangen war, übernahm sie die Leitung des Gerichts zunächst kommissarisch, ehe sie 2020 als erste Frau selbst dessen Präsidentin wurde. 2023 ging dann auch sie in den Ruhestand.